Bochum. Dr. Rüdiger Knaup hat nicht nur seine Zulassung als Anwalt, sondern auch viel von dem Renommee verloren, das er als Arbeitsrechtler erworben hatte. Gegen ihn läuft u.a. ein Verfahren wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Knaup streitet nichts ab und erwartet “eine gerechte Strafe“.

Sie gelten als „härtester Sanierer Deutschlands“. Woher rührt dieser Ruf?

Dr. Rüdiger Knaup: Als Leiter der Rechtsabteilung, später als Geschäftsführer des Steilmann-Konzerns, musste ich ab Mitte der 90er Jahre zahlreiche Betriebsschließungen abwickeln. Sozialpläne, Interessenausgleich: Der Knaup war da. 8500 Beschäftige waren betroffen. Ich war immer für die Drecksarbeit verantwortlich. Ich habe dafür gesorgt, dass aus dem weltweit anerkannten Textilunternehmer Klaus Steilmann nicht der Jobkiller wurde. Ich war öffentlich der böse Bube. Das haben manche Medien später gerne aufgegriffen und mich zum „harten Hund“ stilisiert. Selbst wenn an den Kündigungen kein Weg vorbeiging: Mir war es immer wichtig, dass der Beschäftigte seine Würde wahrt. Ich bin ein hochsensibler Mensch.

Warum haben Sie die mediale Zurschaustellung noch befeuert, etwa durch kernige Auftritte in TV-Talkshows?

Knaup: Ich habe gar nichts befeuert. Ich bin von Beckmann, Maischberger oder Lanz als Experte für Arbeitsrecht eingeladen worden und habe dort mit den letzten drei Bundesarbeitsministern diskutiert. Ich konnte einem breiten Publikum die Inhalte meiner Arbeit darstellen. Das habe ich immer als Privileg empfunden. Kernig bin ich aufgetreten, weil ich weiß, was ich tue und wovon ich spreche. Ich habe für Unternehmen inzwischen mehr als 40.000 Kündigungen begleitet. Was oft untergeht: Ich habe auch viele Arbeitnehmer vertreten und helfe seit Jahren meinem Freund Günter Wallraff bei seinen Undercover-Recherchen. Ich war und bin nie nur für die Bosse da.

Wann wurde aus dem „harten Hund“ eine – wie es zuletzt hieß – „arme Sau“?

Knaup: „Arme Sau“ weniger. Vielleicht eher dumme Sau.

Warum dumm?

Knaup: Ich habe immer nur gearbeitet. Ich war zwar sehr erfolgreich, habe darüber aber meine Ehe und Familie vernachlässigt. Das ging soweit, dass ich irgendwann begonnen habe, den beruflichen Druck durch Bordellbesuche auszugleichen. Dort, und zwar nur dort, konsumierte ich auch Drogen. Ich habe mich zigmal gefragt: Warum? Ich habe bis heute keine Antwort gefunden. Vielleicht war es eine Flucht.

Auch vor Ihrer Verfolgungsfahrt vor einem Jahr, für die Sie sich derzeit vor Gericht verantworten müssen, sollen Sie Drogen genommen haben.

Knaup: Das stimmt. Es war die Nacht vom 2. auf den 3. März 2013. Ich stand unter Drogen und war ohne Führerschein unterwegs. Den hatte ich schon Monate vorher abgeben müssen. In Stahlhausen wurde ich von der Polizei herausgewunken. Ich war komplett von Sinnen, habe Gas gegeben. Die Verfolgsjagd dauerte 35 Minuten. Zahlreiche Polizeiwagen und ein Hubschrauber jagten einen Nissan Micra. Ich habe Polizeibeamte und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ich bin heilfroh, dass niemand verletzt wurde. Tags drauf bin ich selbst zur Staatsanwaltschaft gegangen. Jetzt erwarte ich eine gerechte Strafe.

Wie kann es sein, dass sich ein Kopfmensch wie Sie so verhält?

Knaup: Ich will nichts entschuldigen, aber erklären. Ab 2011 war mein komplettes Privatleben zerbrochen. Es gab ein Scheidungsverfahren, es ging um das Sorgerecht für meine drei Kinder. Eine Steuernachzahlung stürzte mich zusätzlich in finanzielle Nöte. Meine angestellten Anwälte versuchten, die Situation für sich zu nutzen und verließen die Kanzlei. Ich war allein. Sonst war ich der Problemlöser. Jetzt war ich plötzlich das Problem. Nach außen wahrte ich noch den Schein. Aber mein Lebenswandel war selbstzerstörerisch. In diesem Chaos versäumte ich es, die Beiträge für die Haftpflichtversicherung zu bezahlen. Deswegen, und nur deswegen entzog mir die Anwaltskammer im September 2013 die Zulassung. Ich hatte total den Überblick verloren.

Wie steht es derzeit um Ihr Privat- und Berufsleben?

Knaup: Die Dinge liegen lange hinter mir. Privat ist nach dem Scheidungsverfahren alles geregelt. Mein Büro besteht weiter. Für alle anwaltlichen Belange arbeite ich dort mit einem Rechtsanwalt zusammen. Ansonsten tue ich das, was ich vorher getan habe. Nach Abschluss der Verfahren werde ich meine Zulassung neu beantragen. Anwalt ist man mit Leib und Seele.

Wie fällt ihr „Schlusswort“ aus?

Knaup: Ich bin voll geständig. Für das, was ich getan habe, muss und werde ich geradestehen. Ich habe seit jener Märznacht nie wieder Drogen genommen und werde das nie wieder tun. Das bin ich allein schon meinen Kindern und denen schuldig, die mir ihre Interessen anvertrauen.