Ist die geplante Überarbeitung des Kinderbildungesetzes (KiBiz) des Landes hilfreich oder ein Tropfen auf dem heißen Stein, der Erzieherinnen bei ihrer Arbeit kaum hilft? Damit beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion, zu der das Aktionsbündnis „KiBiz-Nein-Danke“ der evangelischen Erzieherinnen in den Bochumer Kindertageseinrichtungen einlud.
Rund 150 Mitarbeiterinnen von Einrichtungen aus Bochum und Hattingen kamen und lieferten sich mit den Politikern auf dem Podium einen – streckenweise emotionalen – Schlagabtausch. Dort saßen Landtagsabgeordneter Wolfgang Jörg (kinder- und jugendpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion) sowie die städtischen Mitglieder im Jugendhilfeausschuss Rita Jobs (SPD), Manfred Preuß (Grüne) und Felix Haltt (FDP). Ute Reddig, die Leiterin der Ev. Kindertagesstätte „Gethsemane“ (Hamme), ergriff für das Aktionsbündnis das Wort. „Das KiBiz ist finanziell untragbar und ungerecht, da die Rahmenbedingungen verantwortungslos sind“, erklärte sie mit Blick auf den Forderungskatalog. Dieser umfasst unter anderem kleinere Gruppen sowie (Fach-)Personal, das über eine Mindestausstattung hinausgeht, um Fortbildung, Urlaub und Krankheit innerhalb der Einrichtungen abfedern zu können. Hinzukommt eine Vorbereitungszeit für diese Bildungsaufgabe im Elementarbereich wie es für Lehrer aller Schulstufen normal ist.
100 Millionen Euro für neue Struktur
Das Podium stieg ein. Jörg stimmte zu, dass der Elementarbereich in Deutschland im europäischen Vergleich unterfinanziert ist. Er hielt entgegen: „Die Landesregierung hat den Ansatz seit 2010 von 1,1 Milliarden auf 2,2 Milliarden Euro verdoppelt.“ Das Geld floss allerdings, sagte Jörg, in den ersten beiden Schritten vor allem in die Schulung von Kinderpflegerinnen und in den U3-Ausbau. „Die aktuellen 100 Millionen Euro sollten nun strukturelle Hilfe ins System bringen.“ Hinzu komme eine Entbürokratisierung, indem der Sprachtest „Delfin“ wegfalle.
Haltt forderte mehr Geld für den Tagesstättenbereich sowie flexiblere Öffnungszeiten für Eltern. Preuß wünschte sich eine bessere finanzielle Ausstattung und verwies darauf, dass der kirchliche Trägeranteil in Bochum nur 8,5 Prozent betrage (landesweit 12 Prozent). Jobs verwies darauf: „Die Gesetzesreform soll mehr Zeit für Sprachförderung als zukunftsweisende Schlüsselqualifikation einplanen.“ Sie möge zudem stärker da ansetzen, wo im Alltag den Erzieherinnen Probleme unter den Nägeln brennen. Diese machte die Diskussion deutlich: ein hoher Krankenstand durch den Mindestansatz beim Personal und durch die Arbeitsbelastung; fehlende Integrationskräfte für interkulturelle Arbeit. Es fielen Sätze wie: „Teilweise ist eine Erzieherin mit 25 Kindern alleine.“ „Mittagessen mit zwölf Zweijährigen mit einer Mitarbeiterin ist nicht leistbar.“ „Die im Gesetz geforderte Elternarbeit machen wir in unserer Freizeit, weil sie zeitlich im Arbeitsalltag nicht möglich ist.“ Die Politiker bestätigten diese Probleme. Ihr Tenor: „Wir setzen uns für eure Sache ein. Allerdings sind wir nicht diejenigen, die den Verbesserungen für die Kindertagesstätten im Wege stehen.“
Fazit: Die Politiker suchten bei den Erzieherinnen den Schulterschluss für eine verbesserte Lobbyarbeit zu Gunsten des Elementarbereichs.