Bochum. . Die Expressionismus-Anthologie „Menschheitsdämmerung“ von Kurt Pinthus (1919) gibt einer Veranstaltung der Bochumer Symphoniker den Titel: „Menschheitsdämmerung – Kurz vor dem Absturz“ verbindet Literatur und Klassik. Jetzt ging der erste der auf vier Teile angelegten Reihe über die Bühne.
Die Expressionismus-Anthologie „Menschheitsdämmerung“ von Kurt Pinthus (1919) gibt einer Reihe der Bochumer Symphoniker den Titel: „Menschheitsdämmerung – Kurz vor dem Absturz“ verbindet Literatur und Klassik. Die Konzeption und Textauswahl besorgt der Autor Werner Streletz, für die Musik zeichnet das BoSy-Streichquartett Bermuda4 verantwortlich. Am Sonntag ging der erste der auf vier Teile angelegten Reihe über die Bühne.
Veronika Nickl und Martin Bretschneider als Rezitatoren
Der Wassersaal Stiepel ist eine exponierte Spielstätte, das Programm klang vielversprechend, entsprechend war der Andrang: ausverkauft! Befruchtende Dialoge zwischen Text und Musik kennzeichneten den ersten Teil, in dem Lyrik von prägenden Stimmen der Zeit um 1910 - Georg Heym, August Stramm, Georg Trakl, auch Gottfried Benns „Kleine Aster“ fehlte nicht – geboten wurde. Veronika Nickl und Martin Bretschneider rückten die alten Texte beseelt, aber ohne zeitgeistiges „O Mensch!“-Pathos ins rechte Licht.
Verknappte Komposition auf den Punkt gebracht
Die Literatur traf auf Werke von Anton Webern; jenem Komponisten aus dem inneren Kreis der Wiener Schule, der mit seinem „Langsamen Satz“ (1905) noch spätimpressionistisch klingt und der wenig später mit den „Sechs Bagatellen“ op. 9 (1911) schon weit in die Gefilde der Zwölftontechnik vorfühlt. Raphael Christ, Katrin Spodzieja (Violinen), Marko Genero (Viola) und Wolfgang Sellner (Cello) brachte diese äußerst verknappte Komposition mit Verve auf den Punkt.
Dass aber ausgerechnet dieses filigrane Stück zerlegt und mit zwischengeschobenen Texten „angereichert“ wurde, mag der Konzeption des Abends geschuldet gewesen sein. Einem verständnisvollen Begreifen der nach wie vor „modern“ und fordernd klingenden Musik diente es nicht.
Tadelloser Vortrag des Ensembles
Konzeptionell wackelig auch der 2. Teil des Abends, der Johannes Brahms’ berühmtes Streichquartett a-Moll op 51 No. 2 bot. Auch hier war der Vortrag tadellos - griffig und mit Sinn für die liedhaften Passagen, man denke an das tänzelnde Aufflackern des „ungarischen“ Themas am Schluss, wallte das große Brahms-Werk auf. Ein starkes Stück Musik – allerdings bereits 1873 komponiert und damit vier Jahrzehnte von der dem Abend ihren Bezug gebenden „Menschheitsdämmerung“ getrennt.