Essbare Lebensmittel im Müll. Eine unangenehme Idee für denkende Menschen. Doch lange war derlei vermeintlich unvermeidbar: bei Resten, Unverkäuflichem, schnell Verderbendem. Seit kurzer Zeit gibt es die Idee, diese Lebensmittel zu „retten“ und zu verteilen. In Bochum treten Lisa Francke (23), Studentin der Psychologie, und Kai Wycisk (23), Student der Theaterwissenschaftler als Botschafter dieser Idee auf. Ab Februar verwalten sie einen „Fairteiler“, das ist ein Schrank in einer Garage in der Alsenstraße, der gerettete Lebensmittel für die Allgemeinheit bereit halten soll. Sie sind Vorreiter einer schnell wachsenden Bewegung.

„Wir wollen nicht in Konkurrenz zu den Tafeln treten“, sagt Wycisk gleich. „Uns geht es um das Bewusstsein für Lebensmittel. Jeder soll sich bedienen, wichtig ist, dass sie überhaupt verbraucht werden,“ sagt er zur Philosophie der Foodsharer, der „Essens-Teiler“. Bisher hat die Bochumer Gruppe knapp zehn Mitglieder. Direkt angesprochen werden von diesen Unternehmen aus dem Food-Bereich, Markthändler, Hofbesitzer. Die haben oft Lebensmittel über. Nach Terminabsprache werden sie abgeholt, bisher danach im meist studentischen Freundeskreis verteilt: Nicht mehr ganz frisches Brot von der Bäckerei Hutzel, unverkäufliches Gemüse nach dem morgendlichen Markttermin, braun gewordenes Obst oder gar Reste von Veranstaltungscaterings. Organisiert wird das über Internetplattformen wie www.lebensmittelretten.de. – und ab dem 1. Februar in der Realität, in einer Garage an der Alsenstraße. Als die Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz von der Aktion erfuhr lud sie Lisa Francke ein. Sie bot Hilfe an und versprach Kontakt zum Akademischen Förderungswerk zu vermitteln. Francke berichtet von einem „produktiven Treffen“.

In anderen Großstädten boomt das Lebensmittelretten bereits. In Köln etwa gibt es mehr als 100 Mitglieder, die viele funktionierende Strukturen etabliert haben. Neben den „Fairteilern“ bieten die Lebensmittelretter auch Beratung für Firmen an und organisieren gemeinsame „Resteküchen“, also kollektives Kochen.

Wert legen die Macher darauf, dass ihr Angebot rein privater Natur ist. Die Lebensmittel kosten nichts, und es darf auch schon mal ein Mindesthaltbarkeitsdatum bei weniger sensiblen Lebensmitteln abgelaufen sein. „Die Leute sollen sich da auf ihre Sinne verlassen“, meint die Psychologin Francke.