Das gab’s noch nie in der Theaterstadt Bochum, dass an einem Wochenende zwei Aufführungen von Shakespeares „Othello“ geboten werden. Die Duplizität der Ereignisse tritt heute und morgen ein: Am Samstag feiert David Böschs Inszenierung im Schauspielhaus Premiere. Am Sonntag ist im Prinz Regent Theater wieder Sibylle Broll-Papes Einrichtung des Klassikers zu sehen, die bereits im September Premiere feierte.

Es ergibt sich also für den Shakespeare-Liebhaber und geneigten Theater-Fan die Gelegenheiten, die beiden Aufführungen nebeneinander zu stellen und Unterschiede herauszulesen. Das dürfte nicht schwer fallen, denn sie sind sehr unterschiedlich, was den Regiezugriff angeht.

Im PRT lässt Sibylle Broll-Pape Shakespeare sozusagen „vom Blatt“ spielen, ohne große verändernde Eingriffe. Arno Kempf überzeugt – schwarz geschminkt – als zerrissener Othello, der die Fallhöhe vom selbstbewussten Feldherrn zum mörderisch-tollpatschigen Teddy der Eifersucht intensiv meistert. Als betörende Desdemona ist Dagny Dewarth zu sehen, als des schwarzen Generals Gegenpart agiert Michael Lippold, der den Erz-Intriganten Jago als Showmaster des Perfiden anlegt.

Anders der Ansatz von David Bösch: Für ihn spielt das Thema Rassismus keine Rolle, weshalb Titelheld Matthias Redlhammer ungeschminkt agiert. Als Jago steht Felix Rech, als Desdemona die aufstrebende Friederike Becht auf der Bühne. Bösch verfolgt ein avanciertes Konzept, das der modernen Erkenntnis Raum verschafft, wonach zwischen dem, was in einem Kopf vorgeht und der realen Welt eine ziemliche Differenz herrschen kann. Ist Othellos Eifersucht real? Oder ist alles nur Einbildung?