Hinschauen, wegschauen, zuschauen: In dem neuen Theaterstück „Hinwegzu“ (Regie: Thorsten Simon) fragen Jugendliche des Jungen Schauspielhaus nach dem Wesen der Zivilcourage und wo man sie findet – und kamen zu einer überraschenden Antwort.
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: 15 Jugendliche verschließen Augen, Ohren und Mund, während sich vor ihnen Szenen der Demütigung ereignen. Doch als die Frage aufkommt, was Zivilcourage eigentlich bedeutet, ist nur ratloses Schulterzucken: „Zivildienst? Den gibt es doch gar nicht mehr!“. Also macht sich der Jugendclub auf die Suche nach geeigneten Theaterszenen, die den sozialen Mut zum Ausdruck bringen sollen. Doch das erweist sich schwieriger als gedacht.
Regisseur Thorsten Simon lässt die jungen Schauspieler selbstreflexiv Stoffe abklappern, und das auf äußerst witzige Weise: Die autoritäre Moral des Suppenkasper wird verworfen („Den hätte heute längst das Jugendamt geholt!“), das Mobbingopfer Aschenputtel als unzeitgemäß abgetan. Drei mal Szenenapplaus gibt es für spritzige Märchen-Remakes oder verquere Klassiker-Adaptionen, die die Jugendlichen schmissig und mit sichtlichem Spaß beim Spielen auf die Bühne bringen. Etwa, wenn die Moral von „Hänsel und Gretel“ auf Alltagstauglichkeit getestet wird: Die Schauspieler von „Hinwegzu“ bringen mit kecken Interpretationen und ironischen Kommentaren zum Lachen.
Am Ende wird wieder gepöbelt und gepeinigt, doch diesmal schaut keiner mehr weg. Und so ist die Erkenntnis zum Schluss des Stücks, dass Zivilcourage nur im wahren Leben so richtig gelingen kann.