Bochum. . Der Bochumer Friseurmeister Peter Legsding arbeitet bereits seit 35 Jahren als ehrenamtlicher Richter. Dafür wird er mit der Goldenen Ehrennadel des Landesarbeitsgerichts Hamm ausgezeichnet.
Er frisierte die Haare hochkarätiger Stars, nur ihn ließen sie an ihr Haupt. Viele Geschichten kann Friseurmeister Peter Legsding erzählen, von Heidi Kabel und dem Ohnesorg-Theater, von Freddy Quinn, Heidi Mahler und Helga Feddersen – zumindest die Älteren werden sich erinnern. Vier Jahrzehnte ist das fast alles nun her, „sicher war die Zeit auch aufregend“, so der Obermeister der Friseur-Innung. Doch nichts, wirklich nichts ist doch so spannend wie das pralle Leben – anzutreffen an den Gerichten des Landes.
Seit 35 Jahren ist Peter Legsding ehrenamtlich als Richter tätig. Seit 1978 vertritt der 70-Jährige die Stimme der Arbeitgeberseite. Bis 1986 am Arbeitsgericht Bochum, danach bis zum heutigen Tag am Landesarbeitsgericht in Hamm. Geschichten erlebte der Bochumer vor Ort viele. „Leider muss man auch mal Kompromisse eingehen, aber so, dass ich nicht mit Bauchschmerzen ins Bett gehe.“ Das fällt dem zweifachen Vater manchmal schwer, vor allem dann, wenn ein Urteil gleich eine ganze Familie betrifft: „Nur weil der Olle so blöd war und Bremsklötze geklaut hatte, mussten gleich noch Frau und die drei Kinder mitleiden.“
In solchen Fällen fände es Peter Legsding salomonischer, statt mit Entlassung lieber mit Doppelschichten oder einer gemeinnützigen Arbeit für die gute Sache zu sanktionieren. Denn nichts macht ihn wütender als Ungerechtigkeit, und so regt ihn noch besonders ein Fall auf, in dem ein Diplom-Theologe einer karitativen Einrichtung einen behinderten Angestellten rauschmeißen wollte. „Dem habe ich gleich gesagt: Der liebe Gott ist in Ordnung, aber manchmal hat er beschissenes Bodenpersonal“, erzählt er und blättert in aller Ruhe weiter in seinen Ordnern, die er aus dem Schrank seines Büros zieht.
„Wer lügt, braucht ein gutes Gedächtnis, und das haben die wenigsten“
Urkunden häufen sich dort, Autogrammkarten natürlich aus vergangenen Tagen, als er die deutschen Promis stylte. Das Verschönern von Dingen scheint ihm, dem Sohn einer Chefmaskenbildnerin bei der Schweizer Tourneebühne, halt in den Genen zu liegen. Mehr noch: 2004 bekam er das Bundesverdienstkreuz verliehen, 271 Auszubildende bildete der Profi in seiner Berufslaufbahn aus, hier in seinem Salon „Meister L“ am Südring, wo er auch in Zukunft weiter das Zepter, vielmehr Kamm und Schere in der Hand halten möchte.
Bis zum Jahr 2016 wird er offiziell als ehrenamtlicher Richter weitermachen, dem Job, dem er nebenher zwei bis drei Mal pro Monat nachgeht. „Natürlich muss man sich gründlich auf die Fälle vorbereiten und Menschenkenntnis gehört einfach dazu.“ Ausreden lässt er die Zeugen immer, wenn sie beim zweiten Mal immer noch an ihrer Version festhalten, sind sie glaubwürdig, so zeigte es die Erfahrung, denn der Fachmann weiß: „Wer lügt, braucht ein gutes Gedächtnis, und das haben die wenigsten.“
Heute bekommt er vom Landesarbeitsgericht Hamm für seine 35-jährige Tätigkeit an den Gerichten Nordrhein-Westfalens die Goldenen Ehrennadel verliehen. Und danach? „Das kommt ganz darauf an, ob ich berufstätig bleibe, nur dann darf ich auch weiterhin als ehrenamtlicher Richter weiterarbeiten“, sagt er. Ob das eintreffen wird? „Tja“, sagt Peter Legsding und zuckt gelassen mit den Schultern. „Die einen können eben nicht aufhören zu arbeiten, andere fangen erst gar nicht an.“ Er muss es wissen.