Bochum. “Hatten Sie schon einmal Intimkontakt mit einem anderen Mann?“ Mit solchen und ähnlichen Fragen sehen sich Blutspender konfrontiert. Einem 45-Jährigen ging das zu weit: Empört verließ er das Ruhr-Plasma-Zentrum in Bochum. Ein Arzt hingegen verteidigt den Fragenkatalog.
Olav Krohn wollte als Blutspender Gutes tun. Doch im Ruhr-Plasma-Zentrum hinter dem Hauptbahnhof habe er sprichwörtlich die Hosen herunterlassen müssen, empört sich der Bochumer. „In einem Fragebogen sollte ich mein Sexualleben offenbaren, intimste Dinge darlegen.“ Der 45-Jährige machte kehrt. Das Zentrum spricht von einer „Risiko-Minimierung“.
Seit bald 20 Jahren firmiert die Ruhr-Plasma-Zentrum GmbH an der Ferdinandstraße 13. Eigentümerin Petra Verwohlt und ihre Mitgesellschafter handeln mit Blut. Genauer: mit dem Plasma, in dem die Blutzellen schwimmen. Es wird insbesondere für Bluter, Patienten mit schweren Infektionen und Verbrennungen sowie kranke Kinder mit Abwehrschwächen benötigt.
"Bedarf ist immens"
„Der Bedarf ist immens und kann allein mit Vollblutspenden nicht gedeckt werden“, sagt der Ärztliche Leiter des Zentrums, Dr. Stephan T. Kießig (55). Ein einziger Bluter benötige im Laufe seines Lebens 150.000 Plasma-Spenden.
Auch DRK fragt nach Sex-Kontakten
Auch das DRK stellt seinen Blutspende-Aspiranten Fragen zur Sexualität. Wie das Plasma-Zentrum will das Rote Kreuz u.a. wissen, ob es Intimkontakte zu anderen Männern gab oder in den letzten vier Monaten ungeschützter Sex mit einem neuen Partner stattgefunden hat.Homosexuelle dürfen auch beim DRK grundsätzlich kein Blut spenden. Allerdings verfolge man derzeit aufmerksam Diskussionen in den USA, berichtet DRK-Sprecher Friedrich-Ernst Düppe. Dort wird erwogen, Schwule aus eingetragenen Partnerschaften als Blutspender zuzulassen.
So groß die Nachfrage der pharmazeutischen Industrie ist, so gründlich ist die Vorauswahl bei den Spendern. Jeder muss beim ersten Besuch einen Bogen ausfüllen. „Wir unterliegen dem Arzneimittelgesetz. Die Fragen sind für alle privaten Blutspendedienste einheitlich. Die Antworten sollen ein Infektionsrisiko für die Empfänger weitgehend ausschließen“, betont Dr. Kießig im WAZ-Gespräch.
Täglich rund 80 Spender
Dem Immunologen ist klar: Die Fragen zum Sexualleben bergen die größte Brisanz. „Wir dürfen aber nicht verkennen, dass vom HI-Virus nach wie vor die größte Gefahr ausgeht – und dass Risikogruppen wie Homosexuelle, Menschen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder auch Fernreisende davon besonders betroffen sind.
Mit Diskriminierung hat das nichts zu tun“, verteidigt Dr. Kießig Fragen wie „Hatten Sie schon einmal Intimkontakt mit einem anderen Mann?“, „Hatten Sie in den letzten vier Monaten ungeschützten Intimkontakt mit einer neuen Partnerin/einem neuen Partner?“ oder „Hatten Sie (...) Intimkontakt mit einer Person, die mehr als sechs Monate außerhalb Europas gelebt hat?“. Wer eine der Fragen mit Ja beantwortet, wird grundsätzlich nicht als Spender zugelassen (Homosexuelle) oder muss später wiederkommen.
Beschwerden wie die von Olav Krohn seien „absolute Einzelfälle“, versichert Dr. Kießig. Problemlos lasse das Zentrum täglich rund 80 Spender zur Ader, „vom Studenten bis zum Banker“. 15 Euro Aufwandsentschädigung gibt’s pro Piekser. Bis zu 45 Mal jährlich kann Plasma gespendet werden.