Mehrmals pro Woche erklärt André Friedrich einem Autofahrer, warum dieser an einer Ampel stehen bleiben muss. Friedrich, ein Verkehrsingenieur, plant die Ampelschaltungen in der Stadt. Seine Erklärung für Anrufer ist umfassender, als nur auf das rote Signallicht der Ampel zu verweisen. Der Großteil der Autofahrer – auch diejenigen, die bei Friedrich anrufen – weiß nämlich sehr wohl, dass man vor roten Ampeln stehen bleiben muss. Was nicht jeder weiß, aber oft ärgert: Wenn eine Ampel scheinbar grundlos Rot zeigt, besonders, wenn sie früher stets Grün zeigte.

Ampelschaltungen änderten sich und eine sogenannte „Grüne Welle“ gebe es nicht, sagt Friedrich, auch wenn sie sich jeder wünsche. Der 41-Jährige muss ein System entwickeln, das allen möglichst gerecht wird. Aber, dass alle immer Grün sehen, ist nicht möglich. Eine Kleinigkeit, eine Baustelle, ein Unfall, ein plötzlicher Rückstau oder eine defekte Kontaktschleife können das ausgeklügelte System plötzlich überfordern – und irgendwo sind fast immer zu viele Autos unterwegs. Wer wann wo Grün sieht, ist eine Frage des Rhythmus. Die Ampeln bedingen sich gegenseitig. Das spielt eine Rolle, wie auch die Abstände zwischen den Ampeln, die Zahl der Autos, Radfahrer, Fußgänger. Und alle brauchen ausreichend Pufferzeiten. Denn Friedrich plant nicht nur mit allerhand Variablen, die er beachten muss, sondern auch mit Vorschriften. Die regeln etwa wie viel Zeit Fußgänger haben, um eine Straße zu queren. Und wie viel Zeit sie noch brauchen, wenn sie gerade erst auf die Straße getreten sind, als die Ampel für sie auf Rot springt. Friedrich arbeitet vor allem an der Verkehrssicherheit, wenn er im Technischen Rathaus sitzt und versucht, den Verkehr in der Stadt am Computer zu regeln.

Die Telefonate mit Autofahrern verlaufen meist ähnlich, sagt Friedrich: „Die suchen dann einen Depp, der verantwortlich ist.“ Dann beginnt er zu erklären. „Und meistens verstehen sie es dann: Der Depp kennt die Probleme, aber er kann es nicht anders machen.“

Etwa auf der Königsallee an der Kreuzung zur Wohlfahrtstraße, Fahrtrichtung Süden: Die Ampel unterbreche den fließenden Verkehr, schrieb ein Leser der WAZ. Friedrich nennt den Umleitungsverkehr vom und zum Sheffieldring als Ursache. Dieser wird über die Königsallee geführt. Mehr Autos bedeuten für Friedrich mehr Variablen. Sein System wird schwieriger, die Grünphasen werden kürzer. „Aber das ist eine temporäre Sache“, sagt Friedrich, der darauf wartet, dass in Bochum die Zahl der Baustellen auch mal wieder kleiner wird – dann nämlich kann er sein System wieder optimieren. Im Moment muss er häufig Probleme erklären, sagen, dass er nichts machen könne.