Die in München entdeckten, bislang verschollen geglaubten rund 1400 Gemälde der klassischen Moderne rufen in Bochum die Erinnerung wach an das jüdische Kunstsammler-Paar Paul und Chlothilde Schüler. Paul Schüler betrieb das Bankhaus Hermann Schüler an der Franzstraße 3 – 5. „Die Schülers besaßen jedenfalls nach Einschätzung ihres Sohnes Fritz eine der bekanntesten und umfangreichsten privaten Kunstsammlungen in Westfalen“, sagt der Historiker Dr. Hubert Schneider, der sich intensiv mit der Geschichte dieser einst so wohlhabenden Familie beschäftigt hat.
Als das überschuldete Bankhaus Schüler 1932 Vergleich anmelden musste, gingen auch die 195 Gemälde mit einem damals geschätzten Wert von über 300 000 Reichsmark in die Konkursmasse ein. Da die aus der Bankiersfamilie Lazard in Saarbrücken stammende Ehefrau Clothilde selbst Gläubigerin ihres Mannes war, erhielt sie einige der Werke zugesprochen. Außerdem besaß sie unabhängig von der Sammlung ihres Mannes eine beachtliche eigene Kunstsammlung.
Bedeutende Kunstsammlung
Nach den Recherchen Schneiders besaß daher Clothilde Schüler nach dem Konkurs – der nach geltendem Recht und ohne NS-Bezug abgewickelt wurde – etliche, zum Teil sehr wertvolle Gemälde, darunter Werke von Nolde, Liebermann, Jawlensky und Pechstein. Da das Paar Gütertrennung vereinbart hatte, blieben diese Bilder zunächst unangetastet.
Kurz vor der Deportation des da schon im Judenhaus Franzstraße 11 lebenden Paares soll ein Wagen der Gestapo vorgefahren sein. Vermutlich Ende 1941 seien die restlichen Gemälde aus der einst so bedeutenden Sammlung beschlagnahmt worden sein. Bis heute fehlt jede Spur von diesen Werken. „Es wäre schon ein ungeheurer Zufall, wenn sich unter den jetzt in München sichergestellten Bildern, solche aus dieser Sammlung befänden“, so Schneider. Dass selbst dieser „Sammlungs-Rest“ noch als sehr wertvoll erachtet wurde, lässt sich aus dem Ergebnis des Wiedergutmachungsverfahren in Sachen der Familie Schüler aus dem Jahre 1961 schließen. Es wurde ein Betrag von 100 000 DM den Erben wegen „der in den Jahren 1941-1942 erfolgten Entziehung von Bildern der Eheleute Schüler“ gezahlt werde. Noch heute versuchen Provenienzforscher (Experten, die die Herkunft von Kunstwerken nachvollziehen ), zwei Bilder von Picasso, von denen eines in den USA, das andere in einem kanadischen Museum hängen soll, den Sammlern Schüler zuzuordnen. Möglicherweise geht es in diesen Fällen auch um noch nicht geklärte Besitzverhältnisse.
Das Kunstmuseum Bochum (damals Städtische Kunstgalerie), bei dem nach Recherchen des Heimatforschers Clemens Kreuzer am 23. August 1937 auch 17 „entartete“ Objekte beschlagnahmt wurden, musste sich in der Vergangenheit wiederholt mit der Herkunft des Pechstein-Bildes „Das Paar“, gemalt 1921, befassen. Das Bild stammt ursprünglich nachweislich aus der Sammlung Schüler. Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um das Pechstein-Bild „Zwiegespräch“, so der ursprüngliche Titel. Es kam im Nachgang des Vergleichsverfahrens für 2000 Reichsmark in den Besitz eines Dr. Alexi.