Bochum. Charlene Markow hat eine neue Weihnachtsgeschichte für Bochum geschrieben. Ein Porträt
Den betulichen Monolog wollte wohl keiner mehr hören. Hoch überm Dr.-Ruer-Platz sprach der Weihnachtsmann im Schlitten auf dem Drahtseil den immer gleichen Text. Jahr für Jahr. Veranstalter BO-Marketing wollte frischen Wind, rief das Schauspielhaus an. Chefdramaturg Olaf Kröck fragte bei Charlene Markow an. Und die junge Autorin hatte Lust auf den Job. Bald spricht der BO-Weihnachtsmann nun mit seinem Rentier und einem Engelchen - per Walkie-Talkie.
Charlene Markow ist ein Multi-Talent. Die 1984 im brandenburgischen Forst (an der polnischen Grenze) geborene Künstlerin kam 2007 nach Bochum, um Kunstgeschichte und Germanistik zu studieren. Nach dem Studienende verfiel sie dem Faszinosum des freien Rottstraße-5-Theaters, begann dort als Praktikantin und ist heute Assistentin der Leitung und feste Hausregisseurin. Sie hat schon Stoffe von Joseph Conrad, Arthur Schnitzler und Christa Wolf inszeniert, in diesem Jahr zwei selbstverlegte bibliophile Bände Lyrischer Prosa verfasst und auch schon öffentlich gelesen und eine Ausstellung mit Collagen im Herrenzimmer gezeigt.
Die Bochumer Weihnachtsgeschichte ist für sie eine Auftragsarbeit. „Ich schreibe gerne Geschichten für Kinder, habe sogar mal ein Kinderbuch angefangen.“ Entsprechend habe sie sofort zugesagt als Dramaturg Kröck sie im Spätsommer angerufen habe. Jetzt werden drei Schauspielhaus-Darsteller die 8-minütige Story einsprechen, die Stuntman Falko Traber dann in zwei Versionen im Bochumer Abendhimmel über dem Weihnachtsmarkt zeigen wird. Eine für in der Woche, eine spektakulärere Version mit Abseil-Action für das Wochenende. „Weniger getragen, wesentlich lebendiger“, so die Autorin.
Nicht viel zu tun hat derlei aber mit ihren anderen Texten. Ihre Lyrische Prosa ist geschult an ihren Lieblingsautoren und -Autorinnen. Vor allem jenen aus Österreich, über die Markow auch im Studium gearbeitet hat. Peter Handke etwa oder die düster-schöne Friederike Mayröcker. Markows Texte, es liegen vor die Bände „Wechselbalg“ und „Blaupause“, sind zudem stark autobiografisch durchsetzt. Keine einfache Lektüre, voller rätselhafter Bilder, doch auch mit oft kühl erfasster Gegenwart versetzt. Nach ihrem Studium habe sie zunächst vor allem mit Texten arbeiten wollen, das Theater öffnete ihren Blick für die Schönheit der Verbindung von Sprache und Bild.
Doch das Leben als freischaffende Künstlerin ist nicht einfach, weshalb auch Markow einem Zweitjob nachgeht. Wer gesehen hat, wie sie als Thekenkraft einer Kneipe im Dreieck eine Handvoll betrunkener Arsenal-London-Fußballfans in einen Schülerchor verwandelte, der sich per Handkuss von ihr verabschiedete, der erahnt die Energie der schmalen Künstlerin.
Leider verlässt sie Bochum, die Stadt ihrer künstlerischen Prägung, wie sie sagt. Sie geht Anfang 2014 nach Leipzig. Sie hinterlässt eine Lücke und eine Weihnachtsgeschichte.