Grubentücher als Servietten. Das ist eine zufällige (?) Überschneidung der beiden spektakulären jüngsten Neueröffnungen in Bochums Restaurantszene. Nach einigen Jahren der Stagnation und sogar des Verlustes von guten Küchen haben die Gastronomen nun zwei schönen Traditionshäusern zu neuem Glanz verholfen. Mirko Wuttig, lange Chef des Hopfengartens, hat das ehemalige Wilhelmstein im Schatten der Stiepeler Dorfkirche zur „Heimat“ gemacht. Und die Livingroom-Chefs Lukas Rüger und Seron Bahtijari haben - gemeinsam mit Neuling Alessandro Maceri - aus dem „Tierpark’s“ das Wiener Kaffeehaus, Beisel und Restaurant „Franz Ferdinand“ gemacht.

„Ich bin verliebt!“ ruft Mirko Wuttig aus. Das merkt man dem gelernten Grafiker an. In die alte Bausubstanz hat er voller Euphorie und Engagement ein schickes Restaurant integriert, das sowohl in optischer als auch kulinarischer Hinsicht altes mit neuem und regionales mit weltoffenem verbindet. Gesucht und gefunden hat er im Vorfeld Produkte aus regionaler Produktion. Sei das ein Bochumer Huhn, die Blutwurst vom Metzger aus der Nähe, das Brot von Bio-Primus Hutzel oder das Eis aus dem Ehrenfelder Kugelpudel. Mit Chefkoch Magnus Rixen hat er einen Küchenchef, der detaillierte Vorstellungen fabelhaft umsetzt. Raffinierte Regionalküche könnte man es nennen, wenn er etwa eine geschmacklich herausragende Pastinaken-Mais-Suppe mit Popcorn, Schokostückchen und Ingwer-Knoblauchbrot reicht. Das ganze ist nie überkandidelt, hat aber immer Pfiff.

Auf die ganz klassische Wiener Kulinarik bezieht sich das „Franz Ferdinand“. Unglaublich, wie gut das Haus renoviert, wie lässig - auch mal ironisch - es jetzt eingerichtet ist. Die österreichische Prägung dient vor allem dazu, die Idee der gutbürgerlichen Küche zu transportieren. Hier gibt es morgens Frühstück, echte Wiaker-Torten am Nachmittag und kräftige Wiener Küche am Abend. Im gekühlten „Krügerl“ das Bier, im Emaille-Topf den „Tafelspitz“: Quasi drei Gerichte in einem, erst als Süppchen, dann das weichgekochte Fleisch mit Saucen. Dazwischen der Markknochen, für den, der es mag. Das Plachutta lässt grüßen. Wiener Schnitzel? Je nach Wunsch: vom Schweinefilet oder vom Kalb. Gulasch? Fiaker-Art. Wein, Kaffee, Dessert: alles mit Wiener Note.

„Franz Ferdinand“ wie auch „Heimat“ hoffen, dass sie sich mit besonderem Angebot auf dem Markt positionieren können. Es sind ambitionierte Projekte, mit denen nicht unbeträchtlichen Investitionen einhergehen. Wohltuend ist es zu sehen, dass sich Gastronomen das trauen, obwohl es zuletzt bedenklich dünn geworden war mit der ambitionierten Küche in Bochum. Jetzt geht es hoffentlich wieder los.