Bochum. 80-Jährige darf ihren verstorbenen Ehemann nicht mehr in der Familiengruft beisetzen, weil die Stadt die Anlage aufgeben will.

Seit dem Tod ihre Mannes schläft Ursula Wieseler schlecht. Die 80-Jährige wusste – auch zehn Tage nachdem Heinrich Wieseler gestorben war – nicht, wo sie ihn beerdigen soll. Dabei war für das Ehepaar immer klar, dass sie ihre letzte Ruhe in einer Familiengruft an der Schloßstraße finden können. Doch dieser Friedhofsabschnitt soll geschlossen werden.

„Da wird nicht mehr beerdigt, sagte man mir“, berichtet Ursula Wieseler. Erst, als sie die Beisetzung ihres Mannes organisieren wollte, habe sie davon erfahren. Die Familiengruft, in der auch ihre Eltern und eine Freundin beerdigt worden sind, soll bis 2070 aufgelöst werden. Weder ein Brief, noch ein Schild an der Gruft oder ein Anruf hätten die Rentnerin benachrichtigt.

Fast täglich habe sie seitdem das Rathaus aufgesucht, mit Friedhofs- und Grünflächenamt telefoniert, damit sie ihren Mann doch noch irgendwie in der Gruft beerdigen kann. Auch der WAZ-Redaktion erzählte sie ihre Geschichte und bat um Hilfe. Schließlich fand sie einen Kompromiss mit der Stadt. Jetzt kann sie ihren Mann etwa 100 Meter von der Gruft entfernt in einem Reihengrab beerdigen. Zwar verliert sie damit den Anspruch, später neben ihrem Mann bestattet zu werden, die räumliche Nähe erleichtert ihr jedoch die Pflege zweier Grabstätten.

Kettenreaktion soll verhindert werden

Thorsten Lumma, Leiter des Umwelt- und Grünflächenamtes, begründet die Entscheidung der Stadt damit, dass so eine Kettenreaktion verhindert wird. „Frau Wieseler hätte später das Recht auf Ehegattenzusammenführung, wenn Herr Wieseler jetzt in der Gruft beigesetzt wird“, so Lumma. Der Zeitpunkt, zu dem der Friedhofsabschnitt rückgebaut werden kann, würde sich so immer weiter nach hinten verschieben.

Ursula Wieseler ist kein Einzelfall, denn in Bochum werden auf lange Sicht mehrere Friedhöfe und Teilabschnitte geschlossen. Viele Flächen bleiben ungenutzt, kosten die Stadt aber Geld. „Das liegt daran, dass die Zahl der Sterbefälle gesunken und gleichzeitig alternative Bestattungsformen beliebter werden“, so Lumma. Dazu gehören etwa die Beisetzungen in einem Friedhofshain, auf einem Streufeld oder in Kolumbarien, also Urnengrabstätten in Wänden. Die Kapazitäten kommen hier in Bochum sogar an ihre Grenzen, wie Birgit Schöneberg vom Grünflächenamt erläutert.

Maßgebend für den Rückbau eines Friedhofs sind nach Lumma die Anzahl der Bestattungen sowie die Lage. Wenn es in der Nähe einen weiteren Friedhof gibt und die betreffende Begräbnisstätte in umliegende Grünflächen integriert werden kann, ist die Auflösung möglich. Dies gilt etwa für den Teilstandort des Weitmarer Friedhofs an der Schloßstraße.