Bochum. Peinliche Panne oder folgenschwerer Fehler. In Bochum wurden falsche Briefwahlzettel verschickt – womöglich „nur“ 200, vielleicht aber auch mehr. Nach Paragraf 39,1 des Bundeswahlgesetzes ist eine Stimme ungültig, wenn sie „für einen anderen Wahlkreis gültig ist“. Das Thema ist jetzt auch bei der Landeswahlleiterin gelandet.

Ein Fehler beim Verschicken von Briefwahlunterlagen bringt die Stadt Bochum in Nöte. Nachdem sich bis Freitag mehr als 50 Briefwähler gemeldet hatten, die statt des Stimmzettels für den Wahlkreis Bochum I (140) fälschlicherweise den für den Wahlkreis Herne-Bochum II (141) erhielten, „haben wir ein Problem“, wie Stadtsprecher Thomas Sprenger einräumt. Das genaue Ausmaß des „händischen Fehlers“, bei dem vermutlich „jemand in die falsche Kiste gegriffen hat“, ist noch nicht bekannt.

Momentan geht die Stadt aber, so Ulrike Beaupain, Leiterin des Rechtsamts, von nicht mehr als 200 falsch verschickten Stimmzetteln aus. „Wenn die Zahl größer wäre, hätten sich schon mehr Menschen gemeldet“, sagt ihr Stellvertreter Stephan Heimrath. Das Thema schlug gestern auch in Düsseldorf auf. Am Nachmittag ließ sich die Landeswahlleiterin von der Stadt Bochum über den Fall informieren.

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Die Frage, ob es sich um eine kleine Panne oder um einen folgenschweren Fehler handelt, hängt von der Zahl der tatsächlich falsch verschickten Wahlzettel und davon ab, ob dies „mandatsrelevant“ ist. Während die Zweitstimme (für die Landesliste einer Partei) auch bei den falsch herausgegebenen Wahlzetteln gilt, wäre die Erststimme (Kandidat) ungültig. Nach Paragraf 39,1 des Bundeswahlgesetzes ist eine Stimme ungültig, wenn sie „für einen anderen Wahlkreis gültig ist“. Ein knapper Wahlausgang unter den Kandidaten in Bochum würde also durch falsche Stimmzettel anders ausgehen können.

In diesem Fall könnte die Landeswahlleiterin beim Wahlprüfungsverfahren Einspruch gegen die Festsetzung des Wahlergebnisses zu erheben. Rechtsamtsleiterin Beaupain will daher auch grundsätzlich „nicht ausschließen“, dass das Wahlergebnis anfechtbar sein könnte. Das Thema ist brisant. „Alle sind wachsam und alarmiert“, sagt Birgit Axler, Sprecherin des NRW-Innenministeriums.

Stadt bittet Briefwähler um Prüfung

Bis zum Sonntag will die Stadt versuchen, ihren Lapsus zu korrigieren. Sie bittet alle Briefwähler, die ihre Briefwahlunterlagen noch zu Hause haben, zu überprüfen, ob es die für den richtigen Wahlkreis sind. Auch jene, die ihren Stimmzettel bereits zurückgeschickt haben und sich nicht sicher sind, ob sie möglicherweise im falschen Wahlkreis gewählt haben, sollten sich an das Wahlamt wenden, Tel: 0234 910 16 51.

Korrigiert werden soll der Fehler durch das Austauschen der falschen gegen die richtigen Stimmzettel. Das Wahlgeheimnis, so versichert die Stadt, sei dabei nicht gefährdet. In dem Behälter mit allen zurückgesandten Briefwahlsendungen, die erst am Wahltag geöffnet werden, ließen sich die falsche Zettel anonymisiert herausfischen. Die Briefwähler senden einen Umschlag zurück, in dem sich in einem weiteren, verschlossene Umschlag der Wahlzettel, und ein Wahlschein mit einer Nummer befindet. Anhand dieser Eingangsnummer könne der betreffende Wahlzettel herausgefiltert und ungeöffnet für ungültig erklärt werden.

Ein Ehepaar, zwei Wahlkreise

Auch bei der WAZ haben sich Wähler gemeldet und auf den Patzer im Wahlamt hingewiesen. So erhielten die Eheleute Ecke unterschiedliche Wahlzettel, obwohl sie gemeinsam in der gleichen Wohnung wohnen und dem Wahlkreis I zugeordnet sind. Schon 2009 habe es Probleme mit den Briefwahlunterlagen ihres Sohnes gegeben. „So kann man nicht zu verlässlichen Wahlergebnissen kommen“, so Evelies Ecke. Sie wähle schließlich nicht Frau Müntefering oder Frau Fischbach in Herne, sondern Herrn Schäfer oder Herrn Lammert in Bochum.

Als sie das Wahlamt damit konfrontierte, „wurde ich auch noch abgebürstet, das könne ja mal passieren.“ Auch der Bundeswahlleiter, an den sie sich gewendet hatte, habe sich nicht um den Fall gekümmert. „Er hat geschrieben, ich soll mich an Frau Scholz wenden.“ Ottilie Scholz ist als Oberbürgermeisterin die Kreiswahlleiterin.

Auch die Kommunalpolitische Vereinigung Bochum hatte von „Irrläufern“ und „aufgebrachten Bürgern“ gehört, wie Kreisvorsitzender Hans Henneke in einer Erklärung wissen lässt. Er spricht von einer „gravierenden Panne“, die schnellstmöglich aufgeklärt werden müsse.