Bochum.

Kunst von Evelina Cajacob (*1961, Schweiz) und Carla Guagliardi (*1956, Brasilien) zeigt die Galerie m: Zwei unterschiedliche Positionen, die sich aber ähnlichen künstlerischen Fragestellungen widmen.

Carla Guagliardis „Der Ort der Luft“ ist eine dürftig anmutende Apparatur, die ihre eigene Kargheit nicht beschönigt, sondern offen zur Schau stellt. Unterschiedlich dünne Eisenstäbe werden durch Latexringen verbunden: An nur zwei Haken aufhängt, „zieht“ diese Wandskulptur sich selbst nach unten. Das Gummi gibt durch das Gewicht unmerklich nach - was sogleich auf die unwiderruflichen Veränderungen verweist, die in den Materialien eingeschrieben sind.

Geduldiges Zusehen

Auch das raumgreifende Arrangement „Verso“, bestehend aus fünf Holzbohlen und vier Luftkissen, wirkt auf den ersten Blick streng, aber wenn man um die Installation herumgeht und verschiedene Blickwinkel ausprobiert, desto versöhnlicher, ja fast verspielt wirkt sie. Die schweren Bretter drücken auf die sanft nachgebenden Ballonhüllen, es ist ein stilles, faszinierendes Spiel von Labilität und Stabilität, das hier wirksam wird.

Um elementare Bedingungen des Lebens, um Natur, Zeit, Schwere und Leichtigkeit, darum geht es auch in den Zeichnungen und Videoarbeiten von Evelina Cajacob. So beginnt ihre Videoprojektion „Lange Zeit“ mit dem Ende eines dicken Wollfadens, der aus dem Nichts zu kommen scheint. Hände wickeln die raue Wolle geduldig und zu einem immer dicker werdenden Knäuel. Im Lauf der Zeit wird der Ball so groß und schwer, dass die Anstrengung der Handlung deutlich wird. Nach 80 Minuten beginnt der Loop von vorn. Dem offenbar zweckfreien Aufwickeln zuzusehen, fordert dem Betrachter in puncto Geduld alles ab; das Einlassen auf die simple, ganz dem Augenblick gewidmete Tätigkeit hat fast schon ‘was von ZEN.

Der handwerkliche Zeitaufwand tritt auch in Cajacobs Zeichnungen zu Tage: Die Papiere und Wände werden von Strichen bedeckt, die oft nur wenige Millimeter lang sind. Zarte Schraffuren umreißen Konturen von pflanzlichen Strukturen oder schlängeln sich in knotenartigen, ewig transformierenden Schlaufen über den Malgrund.

Die Werke dieser beiden Künstlerinnen sind unprätentiös und vielschichtig zugleich, und sie reden immer von menschlicher Existenz und Erfahrung: Mit fast nichts wird hier fast alles gesagt.