Bochum. Nach über 30 Jahren herrlich durchgeknallten Jahren als Musiker, Autor und Schauspieler genießt Helge Schneider Narrenfreiheit. Kalauer werden zur Kunst verklärt; die Fans lieben und verzeihen alles. Auch einen mentalen Aussetzer inmitten eines Konzerts.
Nein: Die Sitze bebten nicht, als die Bässe vom Tony Mono-Gastspiel ins Sparkassen-Zelt waberten. Ja: Die Planung der Zeltfestival-Macher, beide Konzert nahezu parallel beginnen zu lassen, war wenig glücklich. Aber: Helges Reaktion, nach knapp 30 Minuten die Bühne zu räumen, war überzogen. Neu ist sie nicht. Ältere Fans werden sich erinnern: In den 90er Jahren verließ die singende Herrentorte die Freilichtbühne, weil ihn einige wenige Zwischenrufe im Publikum störten. Damals gab es keine Fortsetzung. Da versteht der Komiker keinen Spaß.
Helge als Sieger beim Beat-Battle
Der Lärm-Zwist am Mittwochabend hätte auch geräuschlos hinter den Kulissen gelöst werden können. Bei wohl jedem anderen Künstler hätten sich die Besucher wütend und enttäuscht abgewendet. Nicht so bei Helge Schneider. Nach halbstündiger Unterbrechung wurde der 57-Jährige bei seiner Rückkehr mit brausendem Applaus bedacht. Der Beat-Battle mit Tony Mono hatte einen eindeutigen Sieger: Helge.
Musikalisch erstklassiger Abend
Welch famoser Musiker der Multi-Instrumentalist ist, bedarf keiner Erwähnung. Von nicht minderer Güte ist seine „Hartz-IV-Begleitband vom Arbeitsamt Hattingen“ (zur Freude vieler Alt-Anhänger wieder mit Kult-Trommler Peter Thoms). Eine wahnwitzige Nuschel-Version von „Mr. Bojangles“ markierte den Einstieg in einen musikalisch erstklassigen Abend mit großartigem Jazz und meisterhaft verfremdeten Versionen von Klassikern wie „Katzeklo“, „Es gibt Reis, Baby“, dem Telefonmann, der Wurstfachverkäuferin und dem kleinen Meisenmann (inklusive liebreizender Tanzeinlage des begnadeten Sergej Gleithmann).
Helges Erzählung: Wie immer eine höchst unterhaltsame Gratwanderung zwischen Genie und Wahnsinn, Tief- und Unsinn. Wer weiß schon, dass Herr Schneider eigentlich „Ron Hank“ heißt?
Trotz der Zwangsunterbrechung (die zur vorgeschobenen Pause deklariert wurde) waren es über zwei Stunden mit Helge, der gar zu einem versöhnlichen Schlusswort abhob. Dazu hätte es nicht bedurft. Einem Narr kann man kaum böse sein.