Bochum. Der Zustand einiger Radwege in Bochum und die Kritik am Radwegenetz ist regelmäßig Anlass für Berichterstattung. In letzter Zeit häufen sich Beschwerden von Radfahrern über rücksichtslose Autofahrer.
Der hundsmiserable Zustand einiger Radwege in Bochum und die Kritik an dem äußerst lückenhaften Radwegenetz unserer Stadt – Stichwort: Radfahrer-Hölle Bochum – ist regelmäßig Anlass für Berichterstattung. In letzter Zeit allerdings häufen sich in der Redaktion Beschwerden von Radfahrern über rücksichtslose Autofahrer. „Schreiben Sie doch darüber mal was“, forderte eine WAZ-Leserin (Name der Redaktion bekannt) – und lud die Redaktion zwecks Beweisführung zu einer Radtour ein.
Ausreden gibt es viele
Treffpunkt ist an einem Freitagmorgen das Jahrhunderthaus an der Alleestraße. „Haben Sie keine Angst vor dem Vorführeffekt?“, fragt der Reporter. „Da machen Sie sich mal keine Sorgen, ich erlebe immer etwas“, sagt die WAZ-Leserin. Die 69-Jährige ist ein „gebranntes Kind“. Zweimal schon haben ihr Autofahrer die Vorfahrt genommen, bei den Unfällen trug sie jeweils leichte Verletzungen davon.
Los geht’s über die Alleestraße – Radfahren ist hier wirklich kein Vergnügen – Richtung Westring. Wir überqueren diesen und fahren dann am Rathaus links in die Hans-Böckler-Straße hinein. „Sehen Sie, da parkt schon das erste Auto“, ruft sie. In der Tat, kurz hinter dem Technischen Rathaus gegenüber der Apotheke steht ein silberfarbener Wagen direkt auf dem Radweg.
„Als Radfahrer müssen Sie ständig aufpassen“
Während das Beweisfoto entsteht, kehrt die Fahrerin zurück. „Ich mache so etwas ansonsten nicht, aber meine Tochter ist krank“, sagt die junge Frau – und zeigt zum Beweis einen Notizzettel auf dem „Pfeiffersches Drüsenfieber“ steht.
„Um Ausreden ist niemand verlegen“, sagt die WAZ-Leserin. „Aber als Radfahrer müssen Sie ständig aufpassen und auf die Straße ausweichen. Das aber ist häufig gefährlich.“ Die Mutter von drei Kindern und Oma von sechs Enkelkindern ist viel mit dem Fahrrad unterwegs. „Ich bin darauf angewiesen, weil ich mir kein Auto leisten kann“, sagt sie. „Aber so tue ich auch ständig etwas für meine Gesundheit.“ Die 69-Jährige ist seit fünf Jahren Witwe, die kleine Rente lässt große Sprünge nicht zu.
Sträucher ragen in den Weg hinein
Weiter geht’s. Auf der Herner Straße steht ein Lkw mitten auf dem Radweg. Als der Fahrer bemerkt, dass sein Fehlverhalten dokumentiert wird, setzt er das Auto um und stellt es auf die Fahrbahn. Auf der Hofsteder Straße weist sie auf ein anderes Problem hin: Sträucher, deren Zweige in den Radweg hineinragen und ebenfalls zu gefährlichen Ausweichmanövern zwingen.
Auf Radwegen parkende Autos gibt es auf der Rückfahrt über die Dorstener Straße nicht mehr, aber die Strecke selbst ist kurios, da der Radweg in einigen Bereichen von der Straße auf den Bürgersteig und wieder zurück, um Bäume und Schilder herum schwenkt und alles andere als gut zu befahren ist.
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Radwegenetz eine Großbaustelle
„Können Sie sich vorstellen, dass mich das Verhalten vieler Autofahrer ärgert?“, fragt unsere Leserin. „Und wenn man sie darauf anspricht, werden einige noch frech. Verpiss dich, Alte oder halt’ die Schnauze habe ich schon öfter gehört.“
Die kleine Tour jedenfalls hat bestätigt, dass nicht nur das Radwegenetz in Bochum eine Großbaustelle ist, sondern dass auch die Akzeptanz von Radfahrern im Straßenverkehr längst nicht alltäglich ist.