Plötzlich standen Kai und Julia wieder vor der Tür. Dabei hatte Irene Eickwinkel, Kais Mutter, doch mit ihnen vereinbart, sie später wieder vom Wellenbad Südfeldmark abzuholen. Die beiden seien völlig aufgelöst gewesen, Julia weinte. Kassierin und Bademeister haben den Freunden den Einlass ins Bad verwehrt, weil in ihren Ausweisen ein „H“ vermerkt ist und sie ohne Begleitung dort waren. „H“ steht für „Hilflosigkeit“. Die 34-Jährige und der 30-Jährige sind behindert, aber gute Schwimmer. Die Eltern finden das diskriminierend.
„Das war ein schockierendes Erlebnis für mich“, schildert Irene Eickwinkel. Besonders ärgert sie die Art und Weise, wie die beiden vor den anderen Gästen gemaßregelt worden seien. Auch Julias Mutter Hildegard Kühnholz ist sauer. Vor allem, weil Julia und Kai einfach vor dem Eingang des Bades stehen gelassen worden sind und dann einen weiten Fußmarsch nach Hause antreten mussten. „Wir würden unsere Kinder doch nicht dort hinbringen, wenn wir nicht sicher wären, dass sie gut zurechtkommen“, sagt sie. Julia und Kai haben beide Schwimmabzeichen und sind auch sonst selbstständig, fahren alleine Bus.
Nach Angaben des Versorgungsamtes muss im Einzelfall entschieden werden, ob jemand mit Merkzeichen „H“ eine Begleitung benötigt.
In den Augen der Stadtverwaltung haben die Mitarbeiter richtig gehandelt: „Es geht nicht darum, dass wir uns keine Arbeit machen wollen, aber die Kollegin kann nicht einschätzen, um welche Behinderung es sich handelt, ob derjenige sicher schwimmt und ob er beispielsweise alleine zur Toilette gehen kann“, erläutert Sprecherin Tanja Wißing. Gerade an sehr vollen Tagen sei das ein Sicherheitsrisiko. Nach ihrem Wissenstand hätten die Mitarbeiter fürsorglich reagiert und ein Gespräch abseits der Massen gesucht. Martina Hadlich vom Sport- und Bäderamt ist bekümmert über die Vorwürfe: „Unsere Mitarbeiter hat das sehr getroffen, setzen sie doch alles in Bewegung, um jedem das Schwimmen zu ermöglichen.“ Birgitt Collisi, Beigeordnete für Personal und Sport, wundert sich, dass Julia und Kai, die aus Angst vor Diebstahl kein Handy dabei hatten, nach Hause laufen mussten: „Normalerweise ist es kein Problem, im Bad zu telefonieren.“
Die Stadt hat zugesichert, eine Lösung zu finden. Irene Eickwinkel: „Kai hat jetzt Urlaub und wir wünschen uns, dass er das Bad alleine besuchen darf.“ Dass er das kann, gebe sie dem Schwimmbad, wenn es sein muss, auch schriftlich.