300 Menschen demonstrieren gegen Wohnungsabrisse
Donnerstag an der Krümmede: Trillerpfeifen trafen auf würdevolle Worte. Während draußen die Menge lautstark protestierte, wurden drinnen Festreden zwischen Blumenbouquets platziert. Vor dem Eingang zur Justizvollzugsanstalt hatten sich rund 300 Betroffene und solidarische Menschen versammelt, um gegen den Abriss von 68 Dienstwohnungen neben der JVA zu protestieren. Dieser Termin war nicht grundlos gewählt: Zur gleichen Zeit wurde drinnen der neue D-Flügel eingeweiht, der 102 Gefangenen Platz bietet.
Warten auf die Justizministerin
Zu dieser Einweihung hatten sich ebenso honorige wie wichtige Gäste angekündigt, auf die sich die Demonstranten schon lange gefreut hatten. Jetzt endlich konnten sie mit NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter einmal ein ernstes Wörtchen reden. Die Forderung der Demonstranten formulierte Raimund Panitz von der Anwohnergemeinschaft Krümmede so: „Die Dienstwohnungen müssen gehalten werden. Die Gefangenen kann man auch anderswo unterbringen, beispielsweise nebenan auf dem Gelände der ehemaligen Bereitschaftspolizei.” Bekanntlich sollen die 68 Dienstwohnungen mit ihren rund 160 Bewohnern neben der JVA Platz für die geplante Anstalt für Sexual- und Gewaltstraftäter machen.
10,5 qm große Zellen
Darum ging es hinter den verschlossenen Türen der Krümmede gestern allerdings nur am Rande. Hier feierten die geladenen Gäste die Einweihung des neuen D-Flügels und waren voll des Lobes. Bürgermeisterin Gabriela Schäfer äußerte kurz Bedenken, ob Müller-Piepenkötter womöglich vor Ort auf Zimmersuche unterwegs war. Aber nein, dann kam die Ministerin doch von ihrer Besichtigung der auf drei Etagen verteilten neuen Zellen zurück – und sagte: „Die neuen Einzelhafträume sind rund 10,5 qm groß und entsprechen den Anforderungen an einen zeitgerechten und zukunftsorientierten Strafvollzug.”
Einige wohnen schon 40 Jahre hier
Zu den Demonstranten gehörten auch Karin Jagodzinski und Helga Stein. Die beiden Frauen leben Tür an Tür – und zwar seit 25 Jahren. Familie Jagodzinski wohnt hier, neben den Gefängnis, sogar schon 40 Jahre – und will nicht weg: „Das wäre eine bittere Sache, wenn wir auseinander gerissen würden. So eine nette Hausgemeinschaft. . .” Die Häuser hätten den Krieg und Kyrill überstanden, „und jetzt das”.
Als Ministerin Müller-Piepenkötter ihren Dienstwagen verließ und einige Worte durchs Megafon an die Demonstranten richtete, hörten die beiden Frauen aufmerksam zu. So richtig gute Nachrichten gab es für sie nicht. „Die Entscheidung, die Anstalt auf dem Gelände der Dienstwohnungen zu errichten, ist mir im Hinblick auf die Interessen der Bewohner nicht leicht gefallen”, sagte die Ministerin.
Bewohner nicht mehr als nötig belasten
Und später drinnen, als sie neben JVA-Leiter Henning Köster und anderen Festrednern über den neuen Gebäudetrakt sprach, sagte sie auch, dass die Bewohner nicht mehr als nötig belastet werden sollten. Finanziell und zeitlich solle ihnen entgegengekommen werden. Von Abstandszahlungen ist die Rede, die sich nach der Wohndauer und der Größe der Wohnung richten. „Ich bin zuversichtlich”, so Müller-Piepenkötter, „dass es uns gelingen wird, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.”
Unterdessen zeigten sich alle Anwesenden vom neuen D-Flügel recht angetan. Rund zwei Jahre Bauzeit liegen jetzt hinter der JVA. Neben den 102 neuen Haftplätzen, verteilt auf drei Etagen, gibt es eine weitere Etage, auf der medizinische Abteilungen untergebracht werden. Baukosten: 6,5 Mio Euro. Als nächstes soll die Sanierung des Zentralgebäudes im Mittelpunkt stehen.
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