Bochum..

Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz nahm sich gestern Zeit für unsere Leser, die in der Reihe „Die WAZ öffnet Pforten“ einen Blick hinter die Türen des Rathauses und speziell der OB-Amtsräume werfen konnten. In dem Sitzungszimmer, das direkt an ihr Arbeitszimmer grenzt, erfuhren die Gäste nicht nur, dass sie im einem mit kaukasischem Nussbaumwurzelfunier getäfelten Raum Platz genommen hatten und über Marmor aus Schlesien gegangen waren.

Lebt nicht im Luxus

Die Gäste konnten auch erfahren, dass die Oberbürgermeisterin zwar alt-gediegen, aber nicht im Luxus lebt, auch wenn die Kristallleuchter aus Sterling-Silber seit der Fertigstellung des Rathauses im Jahr 1931 von der Decke hängen. Scholz: „Beim letzten Starkregen kam auch durch die Fenster des OB-Büros das Wasser.“ Eigentlich müssten Fenster und Türen des denkmalgeschützten Rathauses saniert werden, „aber die Haushaltslage ist bekannt.“ Auch die Bronzetür am Rathauseingang hätte eine Politur verdient. Die fein gearbeiteten Figuren in den Türtafeln sind schon reichlich nachgedunkelt.

Wie schwierig Politik sein kann, machte die Oberbürgermeisterin am Beispiel der Love Parade deutlich. Als sich Bochum entschieden hatte – aus zwingenden Gründen, da die Sicherheit auf der ausgeguckten Strecke nicht zu gewährleisten war – da gab es lauten Protest. Scholz: „Als das schreckliche Unglück in Duisburg geschah, gratulierten mir viele, die richtige Entscheidung gefällt zu haben.“ Scholz: „Es gibt in der Politik Situationen, da können sie es keinem Recht machen.“

„Die Glocke höre ich heute noch“

Seit 1999 ist Ottilie Scholz in der Stadtspitze, zunächst als Kämmerin, seit 2004 ist sie die Stadtspitze als Oberbürgermeisterin. Was war das stärkste Erlebnis in dieser Zeit? Es habe mehrere gegeben. Unvergesslich bleibe der Protestmarsch 2004, als Opelaner und viele Menschen der Region gegen die angedrohte Schließung protestierten: „Das Geräusch, als Arbeiter mit einem Hammer auf die auf einem Lkw montierte Glocke schlugen, höre ich heute noch.“

Dass es erneut und immer noch um Opel gehe, sei alles andere als schön, aber man setze alles daran, das Beste daraus zu machen. Die Hochschullandschaft sei ein extrem belebender Pluspunkt beim Strukturwandel. 50 000 Studierende bringen Schwung in die Stadt. Die Ruhr-Universität sei einer der großen Arbeitgeber.

Beim Gang in ihr Arbeitszimmer konnten die WAZ-Leser nicht die hohen Aktenstapel sehen, die Ottilie Scholz in der Regel auf zwei der 80 Jahre alten Ledersesseln lagert. Regine Binder, „seit 1998 Neubürgerin“, nutzte übrigens die Gelegenheit zu testen, wie bequem die Sessel sind.