Vor Lehrern und Lehramtsanwärtern aus der ganzen Region hielt NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Dienstagabend in der Ruhr-Universität einen flammenden Appell für die im Land neu eingeführte Sekundarschule. „Diese frühe Schicksalsentscheidung nach Klasse 4, das ist es, was viele Eltern so nicht mehr wollen“, brachte sie ein Hauptargument für die neue Schulform auf den Punkt.
Ihren Vortrag „Die neue Sekundarschule: Ein Baustein der Schulentwicklung in NRW“ hielt sie im Rahmen des 18. Bochumer Dialogs zur Lehrerbildung. Ausgerichtet wird die Veranstaltung von der Professional School of Education Bochum und den Arbeitgeberverbänden Ruhr/Westfalen, die die Reihe auch finanziell unterstützen.
Vertrauen für die Schulform
Für die gelernte Gesamtschullehrerin Löhrmann, die später auf dem Podium neben der Leiterin der Bochumer Sekundarschule Südwest, Ulrike Busse, saß, war es offenbar sehr wichtig, um Vertrauen für die Schulform zu werben. Der sogenannte Schulkonsens – zwischen SPD, CDU und Grünen im Land geschlossen – garantiert ihren Bestand zunächst bis 2023.
Die Ministerin und die Teilnehmerinnen der anschließenden Podiumsdiskussion waren vor allem darum bemüht, herauszustellen, dass es mit der Installation der Sekundarschule keinen Schulkampf mehr gebe. Es sei mithin kein Entscheid gegen die Schulformen Haupt- und Realschule. Löhrmann: „Wir wollen eben keine verordnete Schulstruktur hier im Lande“. Ihr Credo neben dem Grundthema des „längeren gemeinsamen Lernens“ ist der Satz „Niemand geht verloren“.
Damit jedoch die Aufbruchstimmung, die Politiker versuchen ins Land zu tragen, tatsächlich um sich greift, scheint vor Ort noch eine ganze Menge an Verbesserungsbedarf notwendig zu sein. Nach Wahrnehmung von Schulleiterin Ulrike Busse sehen viele Grundschuleltern im Bochumer Südwesten ihre Schule irgendwo zwischen Haupt- und Realschule angesiedelt. „Das ist ein Imageproblem. Und dabei wollen wir doch eine Stadtteilschule sein, eine Stützpunktschule.“ Aber offenbar sei dieses Bild heute noch nicht in den Köpfen der Eltern angekommen.
Das weiß auch Sylvia Löhrmann, die ganz klar sagt: „Die Eltern müssen Ja sagen“. Sie sehe das Land nicht in der Rolle, etwas zu verordnen, das löse immer eine starke Abwehrreaktion aus. Aber um die gymnasialen Standards mit Differenzierungsmöglichkeiten zu gewährleisten, sei eine Dreizügigkeit der Sekundarschulen zwingend erforderlich.