Bochum. . „Wir sind mehr Pflege- als Altenheim – mit Tendenz zum Hospiz,“, sagt Barbara Storck. Sie leitet das Altenheim an der Graf-Adolf-Straße. In der Frühschicht muss hier eine Mitarbeiterin 14 Bewohner betreuen.

Ralf Roheger hat sich eingerichtet. Sein Bücherregal, den CD-Spieler, den Computer und das Aquarium mit den Guppies hat er von daheim mitgenommen. „Ich fühl mich wohl. Muss ja“, sagt der 60-Jährige, der nach einer schweren Erkrankung seit November 2012 im städtischen Altenheim an der Graf-Adolf-Straße lebt – als Benjamin unter den meist deutlich älteren Mitbewohnern.

„Wir sind mehr Pflege- als Altenheim – mit Tendenz zum Hospiz. Und das geht allen Einrichtungen so“, sagt Barbara Storck, Leiterin des 2011 eröffneten Hauses in Wattenscheid. 84 Menschen sind hier zu Hause. Vorübergehend, muss man wohl konstatieren. Barbara Storck legt die Jahresbilanz 2012 auf den Tisch. 42 „Entlassungen“ sind darin verzeichnet. Heißt: Binnen eines Jahres wurde die Hälfte der Bewohner ausgetauscht. Ursache in den meisten Fällen: Tod. Dabei ist die durchschnittliche Verweildauer hier noch vergleichsweise hoch. 265 Tage beträgt sie. Andernorts sind es nur vier Monate. Barbara Storck: „Manche kommen eine Woche. Zum Sterben.“

„Früher waren Altenheime noch wie WGs. Die Leute waren noch nicht so krank. Man hat zusammen gekocht, gebastelt, musiziert. Das ist heute die Ausnahme“, berichtet Pflegedienstleiterin Heike Kickartz. Ihr Alltag und der ihrer sechs Pflegekollegen: Eine Fachkraft versorgt im Frühdienst eine Wohngruppe. Das sind 14 Bewohner. Immer mehr sind mehrfach erkrankt; 60 Prozent sind dement. Da wird es zum Kraftakt, mit der Grundpflege bis mittags durch zu sein. Der zeitfressende Schreibkram, Anrufe bei Ärzten und tausend andere Aufgaben kommen dazu. Die aktuellen Pflegestufen dokumentieren den Pflegeaufwand: 35 Bewohner haben Pflegestufe 1, 32 Stufe 2, 13 Stufe 3. Jede Rückstufung durch den MDK (und die gibt’s nicht selten) dreht den Personalschlüssel in Richtung Arbeitsplatzabbau. „Wir schauen bei den Aufnahmen nicht auf die Pflegestufe. Es gibt aber Häuser, die das anders machen“, grübelt Barbara Storck.

Und doch bemüht man sich nicht nur an der Graf-Adolf-Straße um ein lebens- und liebenswertes Umfeld. Bei den Gruppenstunden am Vor- und Nachmittag wird gemeinsam gesungen, gerätselt oder Gymnastik betrieben (soweit das noch geht). „Bei allem Stress und Druck: Wir lieben unseren Beruf und geben alles, damit sich die Bewohner wohl fühlen“, sagt Heike Kickartz.

Ralf Roheger gibt die Liebeserklärung zurück. „Man kümmert sich hier wirklich prima um uns“, sagt er und lächelt. Es ist genau das Lächeln, das Barbara Storck so genießt, das sie jeden Tag als „Dankeschön“ begreift: „weil es so ehrlich ist.“

Lebensfreude pur: Auch das ist Alltag im Altenheim.