Ihre Enkel gehen begeistert zum Kindergarten ins Baumhofzentrum, auch sie selber ist dem Leben der evangelischen Kirchengemeinde Wiemelhausen seit vielen Jahren eng verbunden. „Was hier passiert, ist sehr belebend“, sagt WAZ-Leserbeirätin Dr. Anke Niegel-Deichen. Welchen Weg schlägt die Gemeinde, die aus der Petrikirche und der Melanchtonkirche besteht, in Zukunft ein, um die Jugend von der Kirche zu überzeugen? Die Leserbeirätin hakte bei Pastorin Dr. Ellen Strathmann-von Soosten nach.

Seit 2006 sind Sie Pfarrerin der evang. Kirchengemeinde Wiemelhausen. Leben Sie gern hier?

Total! Ich habe 18 Jahre in der Nähe des Kirchviertels gewohnt und habe mit meiner Familie dort die Atmosphäre und das Miteinander genossen. Mittlerweile wohne ich im Ehrenfeld. Ich schätze das Leben im Ehrenfeld, die Nähe zum Buchladen, zur Stadt, zum Schauspielhaus, zum Schwimmbad.

Ihr Engagement gilt auch der Jugendarbeit. Ende April werden erneut 34 Jungen und Mädchen konfirmiert – eine stattliche Zahl. Wie schaffen Sie es, Jugendliche für Kirche zu interessieren?

In den Herbstferien waren Pfarrer Martin Röttger und ich mit den Konfirmanden und einigen Mitarbeitern auf einer einwöchigen Jugendbildungsfahrt in Valbert. Dort haben wir viele kreative Projekte entwickelt. Ich denke, dass wir ihnen schon etwas bieten können, das ihr Interesse für Kirche und Religion weckt. Sie werden ja nicht zu uns geschickt, sie kommen freiwillig. Man muss nur aufpassen, dass man von den Jugendlichen nicht als verlängerter Arm der Lehrer oder der Eltern angesehen wird.

Wie haben Sie selber zur Theologie und zur Religion gefunden?

Über gute Lehrer. Ich stamme aus einer Kleinstadt am Rande des Münsterlandes, da hatte die Kirche in den frühen 1960er Jahren noch etwas sehr Strenges, fast Bedrückendes. Meine Eltern waren fest in der Kirchengemeinde verankert, haben mich allerdings nie zur Kirche gezwungen. Es war ein Latein- und Religionslehrer, der uns gezeigt hat, wie vielfältig die Theologie sein kann. Es gibt an der Uni kein spannenderes Fach!

Hatten Sie ein Schlüsselerlebnis, das ihnen den Weg zur Pfarrerin geebnet hat?

Ein Jahr vor dem Abitur fuhren wir zu „Besinnungstagen“. Ein Philosophielehrer und ein Theologe haben uns begleitet. Abends haben wir stundenlang George Moustaki gehört und über tiefe, existenzielle Fragen nachgedacht. Das war echt faszinierend. Ich war damals ohne klare berufliche Perspektive. Doch nach diesen Tagen habe ich den Gedanken gehabt: Du könntest versuchen, Theologie zu studieren.

Wenn Sie nicht Pfarrerin wären, was würden Sie einen Tag lang sein?

Ich würde mich gern im Schauspielhaus umschauen und mir ansehen, wie dort die Bühnenbilder entstehen. Das wäre spannend.

Würden Sie jungen Menschen heute raten, Pfarrer zu werden?

Sicher. Obwohl sich der Pfarrberuf in den letzten Jahren sehr verändert hat. Man muss heute in viel größeren Strukturen denken und aufpassen, dass man sich nicht den ganzen Tag ausschließlich mit maroden Gebäuden beschäftigt. Ich würde jungen Leuten raten: Studiert’s! Schaut es Euch an! Traut Euch ruhig! Denn es gibt kaum einen schöneren Beruf.