Mit gesellschaftlichen Rollenerwartungen haben sie alle zu kämpfen: Die feine Abendgesellschaft genauso wie die Patienten in der Psychiatrie. Und wo kann man besser mit Rollen spielen, als im Theater?
Zum vierten Mal präsentieren Patienten und Mitarbeiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin des LWL-Universitätsklinikums Bochum die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit einer literarischen Vorlage, die heute (13.3.) im Theater Unten Premiere feiert (18 Uhr, AK 12/erm. 8 Euro).
Unter Leitung von Theatertherapeutin Sandra Anklam spielen zwölf Patienten und zwei Mitarbeiter in John von Düffels „Balkonszenen“ Mitglieder einer rauschenden Ballnacht, die abseits der Party mal kurz „aus ihren Rollen fallen“.
Theaterstücke an der Schnittstelle zwischen Kunst und Therapie spielen gerne mit der Frage, bei welchen Darstellern es sich um die Patienten handelt, doch auch hier trügt der Rollenwechsel: „Die Trefferquote der Zuschauer ist meistens überraschend schlecht“, erklärt Sandra Anklam lachend.
Die „Balkonszenen“ sind ein Reigen kurzer Party-Zwischenpausen, bei dem die Gäste kurzerhand die Etikette abstreifen und sich ungehemmt ihren Lästereien, Liebschaften und Sehnsüchten hingeben. „Eine große Herausforderung, besonders bei Rollen, die sich von einem selbst unterscheiden“, erzählt ein Darsteller augenzwinkernd – er spielt in dem Stück einen perfekten Ehemann. Statt der typischen medizinischen Fokussierung auf Defiziten stand in dem Theaterprojekt die gemeinsame Arbeit im Vordergrund.