Bochum.
Theater nicht mit erhobenen Zeigefinger als moralische Anstalt zu begreifen, sondern als ein Haus in der Stadt für alle in der Stadt – immer wieder hat Intendant Anselm Weber (49) diese bodenständig-programmatische Ausrichtung seines Hauses öffentlich bekundet.
Im Dienst der Solidarität
Die große Opel-Solidaritäts-Veranstaltung am Sonntag in der Innenstadt diente exemplarisch als praktischer Beleg eines solchen Ansinnens. Das Schauspielhaus war an der Gestaltung des Bühnenprogramms maßgeblich beteiligt, die Dramaturgen Olaf Kröck und Sabine Reich moderierten das Programm, Schauspieler wie Maja Beckmann, Raiko Küster und Nicola Mastroberardino stellten sich mit ihren Vorstellungen in den Dienst der Solidarität.
Solches Zusammenstehen zwischen Kunst und Arbeit mag im Ruhrgebiet nicht ungewöhnlich sein; man denke an die Dutzenden Soli-Bekundungen, die das ehemals schwarze Revier seit dem Beginn der Kohlekrise in den späten 50er Jahren über die Stahlkrisen der 70er und 80er Jahren bis zum finalen Zechensterben in den 90ern erlebt hat. Auch an der unvergessenen „Menschenkette durchs Ruhrgebiet“ 1997 hatten sich die Künstler beteiligt.
Interessant dabei, dass es in dieser Hinsicht offenbar Parallelen zwischen dem Schauspielhaus und ausgerechnet dem Wiener Burgtheater gibt. Dessen Intendant, Matthias Hartmann (49), sieht Parallelen zwischen der Stadt an der Donau und jener an der Ruhr. „In Wien wie in Bochum wird Theater als etwas für die Stadt Lebenswichtiges begriffen“, sagte Hartmann jetzt der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Wenn Opel sein Werk schließt“, so der Bochumer Ex-Intendant, „dann muss sich das Schauspielhaus irgendwie dazu verhalten.“
Also dürfte Hartmann, könnte man mutmaßen, an Webers Stelle versetzt, in der für Opel kritischen Situation ähnlich gehandelt haben wie der aktuelle Theaterdirektor es tut. Hartmann betont in besagtm FAZ-Gespräch noch an anderen Stelle die Nähe zwischen beiden Städten, und zwar was - über das soziale Miterleben hinaus - das Theatergeschäft an sich angeht. Bochum und Wien seien auch hier sehr ähnlich. „Auch hier kommen die Leute ins Burgtheater, weil sie wünschen, dass man hier die Fragen diskutiert, die sie beschäftigen.“
Dass dieses „Diskutieren von Fragen“ nicht kämpferischen Agitprop bedeuten muss, sondern künstlerisch gelöst werden kann, das hat Weber mit einer (auch) die aktuellen Entwicklungen im Ruhrgebiet aufnehmenden Spielplangestaltung bewiesen - von „Vor Sonnenaufgang“ über „Kleiner Mann, was nun?“ bis „Jimi Bowatski“.