Bochum. “Wir bleiben“: Das ist die trotzige Botschaft, die 18.000 Menschen beim Solidaritätsfest in Bochum dem Opel-Management entgegen gebracht haben. Die Bochumer Politik will weiter um die Arbeitsplätze kämpfen. Herbert Grönemeyer schickte eine Grußbotschaft aus der Schweiz.

„Hier wird nichts platt gemacht. Wir sorgen dafür, dass kein Opelaner das Arbeitsamt von innen sehen wird!“ Damit tröstete Eva Kerkemeier, 1. Bevollmächtigte der IG Metall, zwar die Menschen. Doch in vielen Gesichtern, der rund 18 000 Menschen, die an diesem grauen Märzsonntag in die Innenstadt gekommen waren, spiegelte sich Angst wider – genau vor dem, was nicht sein darf. Lachen vertrieb diese Angst, ein Lachen, gespeist aus der großartigen Unterstützung des ganzen Reviers.

Es sind Originale wie Hennes Bender, Frank Goosen oder Menschen wie Joachim Luger oder Nicola Mastroberardino, die Hoffnung machten in den Wochen der Hoffnungslosigkeit. Der „Opel-Rap“ von Mastroberardino, das Steigerlied unter dem Dirigat von Steven Sloane (ausnahmsweise mal im nassen Wettermantel), unterstützt vom Bläserensemble der Bochumer Symphoniker, die Knappen mit Geleucht und im schwarzen Traditions-Kittel, die Grußbotschaft von Herbert Grönemeyer aus der Schweiz: „Dies ist ein grausamer Verrat an allen Opelanern.“

Kein Durchkommen in der City

Zwischen Hauptbahnhof und Westring, kein Durchkommen für Stunden. Rücken an Bauch und Bauch an Rücken schoben sich die Menschen, mit oder ohne Solidaritätsbutton (mit dem trotzigen „Wir bleiben“), mit oder ohne Fahne/Transparent, vorbei an den aufgereihten Info-Ständen. Auch die Parteien hatten sich positioniert, verteilten ihre Schriften, doch zurückhaltend und angemessen, so der Eindruck vieler Beobachter an diesem für Bochum so außergewöhnlichen Tag.

Und die Reden: Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz brachte sich frontal in Stellung gegen das GM-Management: „Die Informationspolitik von Opel ist völlig unakzeptabel. So kann man nicht mit Menschen umgehen.“ Hier im Ruhrgebiet spreche man nicht hinter verschlossenen Türen, vor allem dann nicht, wenn es um so viele menschliche Schicksale gehe. „Wir werden Opel in die Pflicht nehmen.“

Polizei vermeldet: keinen einzigen Einsatz

Die vielleicht erstaunlichste Meldung aber präsentierte spät, als auf dem Willy-Brandt-Platz bereits die Aufräumtrupps werkelten, die Polizei: Nein, nicht einen einzigen Einsatz habe es im Zusammenhang mit dem Solidaritätsfest gegeben. Fast schon ein kleines Wunder. Übrigens machte keiner der über 100 Oldtimer, von Vorkriegsmodellen über chromblinkende Kadetts bis zu modernen Opel-Fahrzeugen an diesem Sonntag schlapp.

Die Entwicklung der letzten Wochen, seitdem am 10. Dezember au einer Belegschaftsversammlung das Ende der Opel-Fahrzeugproduktion verkündet wurde, zeigte Rainer Einenkel noch einmal auf. „Wir Opelaner werden diesen Tag nicht vergessen.“ Das abgesagte Jubiläumsfest, erst im Werk später vor dem Werk, all das hat verletzt. Deshalb ist zu spüren, dass es ihm gut tut an diesem Tag die Unterstützung so vieler Menschen zu erfahren, die in die Stadt geströmt sind – und das, obwohl es eigentlich keinen Grund gibt: Alle Geschäfte sind geschlossen. Es ist kein verkaufsoffener Sonntag, wie jemand schmunzelnd anmerkte.

Einenkel lehnt "Abwicklung auf Raten" ab

Einenkel berichtete von den Spielchen und Taktierereien am vergangenen Donnerstag, bei diesem letzten schmerzhaften Verhandlungstermin in der Rüsselsheimer Opel-Zentrale. „Wir haben als einzige diesem Plan nicht zugestimmt. Alle anderen Werke haben unterschrieben.“ Nein, es sei keine Alternative aufgezeichnet worden, was denn die Leute erwartet, die in den Werken arbeiten.

Diese Abwicklung auf Raten, die mache er nicht mit. „Unsere Zukunft liegt hier, wir wollen hier gar nicht weg“, ruft er mit Hinweis auf ein Wort von Wirtschaftsminister Rösler aus, der den Opelaner hervorragende Qualitäten bescheinigte, so dass sie auch jederzeit in Stuttgart oder Wolfsburg arbeiten könnten.

Zulieferer fürchten um ihre Zukunft

Solidarität kam aus vielen Ecken. Ganz leise hatte sich ein Grüppchen von Mitarbeitern der Firma Johnson Controls an die Seite des Platzes gestellt. Die Firma arbeitet seit 1989 für Opel, fertigt komplette Sitzgruppen. Gekommen ist am Sonntag auch der Betriebsratsvorsitzende.

Dietmar Kupfer ist gar nicht zum Lachen zumute: „Wenn wir Pech haben, sind wir in ein paar Jahren weg vom Fenster.“ Die etwa 600 Mitarbeiter fertigen Sitze für die Fordwerke in Köln, was etwa zwei Drittel des Volumens ausmache, ein Drittel der Arbeit ist für das Bochumer Opel-Werk. Aber noch fehle ein Folgeauftrag für Ford. Die Aussichten sind nicht rosig für diesen Zulieferer, einen unter vielen.

Die St.Barbara-Knappen aus Langendreer haben sich ebenfalls eingereiht. Wolfgang Rostek (67) hat auf der Zeche Bruchstraße gelernt, da wo später Opel ein Werk errichtete. „Ich hätte 1962 zu Opel wechseln können, bin aber immer dem Bergbau treu geblieben.“ Wohl Hunderte aktuelle und ehemalige Bergleute mischten sich unter die Besucher des Festes.