Ein Haus voller Kunstwerke, überall Keramiken in den Regalen, Vasen und Plastiken auf den Beistelltischen, Glasmalerei, Grafik, Kataloge, Mappen, … - jede für das Künstlerische empfängliche Seele muss so ein Haus sofort zu schätzen wissen. Inge Diergardt lebt in so einem Haus; es ist das Atelierhaus ihres langjährigen Partners Ignatius Geitel (1913-1985). „Ich bin seine Nachlassverwalterin“, sagt sie, „Geitels Kunst soll nicht in Vergessenheit geraten!“
Glasfenster im Kortum-Haus
Und doch besteht genau diese Gefahr, denn zu viel Zeit scheint inzwischen zwischen den Jahren des größten künstlerischen Schaffens des gebürtigen Bochumers in den 1950er und 60er Jahren und unserer heutigen Zeit zu klaffen. Dabei ist Ignatius Geitel – neben Heinz Wilthelm - vielleicht der Künstler, der mit seinen Arbeiten am häufigsten im öffentlichen Raum anzutreffen ist. Tatsächlich sind Geitels Werke in und an prominenten Bauten vertreten. Große Glasfenster schuf er für das alte Stadtwerke-Haus an der Massenbergstraße und für die heutige Heinrich-Böll-Gesamtschule am Stadtparkviertel, die man beide noch bewundern kann. Von Geitel stammt das hohe Keramikrelief zur Bochumer Industrie – mit abstrahierten Hüttenarbeitern, Hochöfen, Zechentürmen – an den Berufsschulen am Ostring, das jeder Bochumer kennt. Sein mächtiges Mosaik „Niobe“ am Freigrafendamm ist ein zentrales Mahnmal gegen den Krieg in unserer Stadt.
Ebenfalls werden vielen Bochumern noch die von Geitel geschaffenen Glasfenster im alten Erfrischungsraum des Kaufhauses Kortum in Erinnerung sein. Sie wurden während des Umbaus 1997/98 ohne Genehmigung und ohne denkmalgerechte Betreuung ausgebaut und teilweise zerstört. Inge Diergardt hat sich damals mit dem Kunsthistoriker Hans Hanke vehement für die Aufklärung und Verfolgung dieses Kulturbanausentums eingesetzt.
In dem einst von Roman Reiser gebauten Atelierhaus in Stiepel hält Inge Diergardt bis heute die Erinnerung an den Künstler wach. Über 200 Bilder umfasst der Nachlass; Kunstwerke aus den 1950er bis 70er Jahren; Informelles und Abstraktes, Kleinformatiges, Druckgrafik. „Ich würde sie auch verkaufen“, sagt Inge Diergardt, „aber es scheint niemand mehr Aufmerksamkeit darauf zu verwenden.“ Dennoch gehe es ihr vor allem darum, das Andenken an einen der bedeutendsten Bochumer Künstler des 20. Jahrhunderts zu bewahren. „Ich hüte seinen Nachlass und seine Dokumente. Aber wenn ich nicht mehr bin, was wird aus alledem?“, fragt sie sich.