Morgens muss es schnell gehen. Tornister aufgeschnallt, Nachbarkinder eingesammelt, los geht’s zur Schule. Zum Verstauen der Rucksäcke im Kofferraum fehlt die Zeit. In der Nähe der Schule ist kaum Platz zum Anhalten. Da schnallen sich die Kinder ab, bevor das Auto hält. In solchen oder ähnlichen Situationen passieren Unfälle. Bezirkspolizist Detlev Meyer kennt das morgendliche Dilemma: „Die Zeit wird knapp, der Druck ist da. Und schon wird geschludert.“

Allein 29 Unfälle mit „passiv verletzten“ Kindern (zum Beispiel als Mitfahrer im Pkw) hatte Bochum 2012 zu verzeichnen. Das nahm die Polizei in dieser Woche zum Anlass, eine Kindersitz-Kontrolle an der Grundschule Friederikaschule durchzuführen. Acht Polizisten der Verkehrsunfallprävention kontrollierten das richtige Montieren der Sitze sowie das sichere Anschnallen. Außerdem informierten sie die Eltern vor Ort über die bestmögliche Sicherung der Kinder in Fahrzeugen. Polizeihauptkommissar Siegfried Klein: „Wir müssen ein Augenmerk darauf legen. Der Anstieg von 21 auf 29 Verletzte im Vergleich zum Vorjahr ist dramatisch!“

Schulleiterin Dorothea Titta beobachtet das allmorgendliche Chaos seit Langem. „Der Verkehr hat zugenommen. Die Autos fahren rücksichtslos. In dieser engen Straße staut es sich. Eine gefährliche Situation. Ich finde das beängstigend.“ Dorothea Titta begrüßt daher die Aktion der Polizei: „So können wir ein Zeichen setzen und bewusst machen, dass wir für die Sicherheit unserer Kinder verantwortlich sind.“

Siebenfach höheres Risiko

An diesem Mittwochmorgen halten 80 bis 90 Fahrzeuge in der Nähe der Schule. Auch Claudia König (43) hat ihre Tochter Lena (8) zur Grundschule gefahren. Cello und Tornister sind vorbildlich im Kofferraum verstaut. Die Mutter freut sich, dass die Polizisten nichts zu bemängeln haben: „Mein Kind war richtig angeschnallt. Ich finde die Aktion wichtig und interessant. Vor dem Kauf des Kindersitzes habe ich mich schlau gemacht, Testberichte gelesen. Es gibt viel Mist zu kaufen. Die Investition hat sich gelohnt.“ Auch Tochter Lena weiß, wie wichtig das Anschnallen ist: „…weil sonst bei Unfällen kann man sich verletzen.“

Kinder, die im Auto nicht gesichert sind, sind einem siebenfach höheren Risiko ausgesetzt, eine schwere, tödliche Verletzung zu erleiden, als Kinder, die richtig gesichert sind. In Deutschland gibt es seit 1993 die gesetzliche Sicherungspflicht für Kinder als Mitfahrer. Danach dürfen Kinder bis zum zwölften Lebensjahr, die kleiner als 150 Zentimeter sind, nur mitgenommen werden, wenn amtlich genehmigte und für das Kind geeignete Rückhalteeinrichtungen (je nach Alter und Gewicht) benutzt werden. Ein Verstoß wird, je nach Fall, mit einem Bußgeld, einer Anzeige und/oder einem Punkt in Flensburg geahndet. Polizeihauptkommissar Klein: „Anstatt das Geld in teure Autos, Computer und Handy zu stecken, lieber in vernünftige Kindersitze investieren!“

Die Bilanz des Morgens: In drei Fällen mussten Verwarnungsgelder gezahlt werden, weil die Kinder zwar angeschnallt waren, aber ein geeigneter Kindersitz fehlte. Bei einem Unfalls wären sie nicht optimal geschützt gewesen.