Bochum.

Eine Auseinandersetzung mit dem Krieg – und was er mit den Menschen anrichtet – bietet die neue Ausstellung im Kubus der Situation Kunst. Ihr Titel „fremdes sehen“ ist dabei doppelsinnig.

In den Arbeiten von Ingeborg Lüscher und Monika Huber blicken wir auf eine erschreckende Fremde, den Krieg im Nahen Osten, die Bürgerkriege in Arabien. Und durch das bewusst „fremde Sehen“ des künstlerischen Blicks verändern sich scheinbar bekannte Wahrnehmungen. In jedem Fall: eine intensive, beklemmende Ausstellung, gerade weil sie nicht politisch wertet, sondern die von Gewalt und Verlust gezeichneten Menschen in den Mittelpunkt rückt.

Ohne Worte

In ihrer 30-minütigen Installation „Die andere Seite“ verschafft Lüscher (76) Angehörigen von Opfern beider Seiten des Nahostkonflikts ein stummes, visuelles Forum. Dabei blickt sie den Menschen im Wortsinn ins Gesicht: Die Kamera hält in der Totalen auf die Gesichter. Bei den Dreharbeiten wurden den Menschen stets drei Aufforderungen übermittelt: „Denke wer du bist“; „Denke was die andere Seite dir angetan hat“; „Denke kannst das das vergeben“.

Ihre drei einfachen und doch so schweren Fragen richtete Lüscher an Israelis und Palästinenser, die geliebte Menschen verloren haben. Nur am Mienenspiel der in Nahaufnahmen gezeigten Gesichter lässt sich erahnen, wie die Reaktionen eines jeden ausfallen. Betroffenheit, Trauer, Tränen. Die Video-Arbeit kommt ohne Worte aus, die Blicke und Regungen der Menschen sprechen für sich. Beklemmend, berührend.

Die Serie der Fotografie-Überarbeitungen Monika Hubers zeigt eine andere Auseinandersetzung mit der Gewalt. Ihre Bilder basieren auf TV-Kriegsberichten, wobei Huber die Bedeutung von Bildern bei der Meinungsbildung interessiert. Der Titel „Einsdreißig“ bezieht sich auf die Zeit, die in der Regel für einen Bildbericht in der Tagesschau zur Verfügung steht.

Huber (53) fotografierte Nachrichtenbilder mit Gewaltszenen aus dem Arabischen Frühling vom TV ab; der gedruckte Abzug wird übermalt und erneut fotografiert. So entstehen befremdlich ästhetisch wirkende Bilder, die nur noch schemenhaft erkennen lassen, was die gewaltsamen Ursachen einzelner Gesten oder Bewegungen waren. Die malerische Verfremdung der Aufnahmen aus (u.a.) Libyen, Ägypten und Syrien hebt sie aus ihrem Kontext heraus, und wirft Fragen auf. Wie lassen sich die Bilder noch voneinander unterscheiden und Ereignissen zuordnen? Welchen Informationswert hatten und haben sie? Und: Wieweit kann man Bildern überhaupt trauen?