Bochum.

Dass der große Jazz-Veteran Chick Corea einem klassischen Pianisten ein Stück schreibt, ist neu. Geschehen ist diese Ehre kürzlich Kirill Gerstein, dem „Artist in Residence“ der Bochumer Symphoniker.

Der 1979 geboren Gerstein ist aber nicht nur ein Wanderer zwischen den Welten - längst spielt der gebürtige Russe, der mit 14 in die USA ging, um dort als jüngster Student aller Zeiten in Boston Jazz-Piano zu studieren, mit den großen klassischen Orchestern der Welt.

Eine logische Entwicklung

Mit den Bochumer Symphonikern verbindet ihn schon eine lange Freundschaft, sagt er. Schon 2004 spielte er mit dem Orchester ein Beethoven-Projekt, seither habe sich auch eine persönliche Freundschaft mit Steven Sloane entwickelt. „Dass ich nun Artist in Residence sein kann, ist eine logische Entwicklung“, findet Kirill Gerstein, „wir verstehen uns gut“.

Damit meint der fließend Deutsch sprechende Musiker nicht nur die Arbeit mit dem Dirigenten, sondern schließt ausdrücklich auch das Orchester ein: „Das Orchester hat die Bereitschaft, auf ein musikalisches Abenteuer einzugehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit“, lobt der international gefragte Solist. Gerstein genießt an seinem Bochumer Residenz-Status zudem die Möglichkeiten intensiverer Zusammenarbeit mit dem Orchester. „Man kann so einfach viel mehr ausprobieren“, sagt der 32-Jährige im WAZ-Gespräch.

Fragt man Gerstein, der nach seiner dreijährigen Jazz-Ausbildung als Heranwachender schließlich wieder den Fokus auf die klassische Musik legte und in Manhattan und Madrid seine Ausbildung vollendete (Master mit 20 Jahren!), danach, wie er das Verhältnis zwischen Jazz und Klassik sehe, so muss er schmunzeln.

Möglichkeiten der Varietät

„Gute Frage. Zunächst sollte man sich fragen, wie nah diese Musikrichtungen sich sind. Gute Aufführungen hören die Menschen gerne. Ob von Oscar Peterson oder Johannes Brahms. Bei beiden habe ich als Musiker aber andere Möglichkeiten der Varietät“. Ob man seinem klassischen Spiel, den Jazz-Einfluss anhöre? „Jede Erfahrung hat Einfluss auf den musikalischen Stil. Und Jazz war ein starker Einfluss“, ist Gerstein überzeugt.

Ob man bei seinem großen Solo-Recital am 13.1. im Kunstmuseum auch Swingendes erwarten kann, bleibt allerdings abzuwarten. Ausgesucht hat der Tastenkönner mit der Liszt-Sonate h-moll („die wurde mal als die 33. Beethoven-Sonate beschrieben“) und dem bekannten Robert-Schumann-Stück „Carneval“ zwei, wie der Pianist sagt, „Möglichkeiten der Virtuosität im 19.Jahrhundert“. Davor kommt das gegenüber der Orchesterfassung fast vergessene Klavier-Rondo „Aufforderung zum Tanz“ von Carl Maria von Weber zur Aufführung.