Welcher Teufel die Opel-Verantwortlichen da geritten hat, dass sie am Montag ausgerechnet wenige Tage vor der opulent geplanten Jubiläumsfeier und zwei Wochen vor Weihnachten das Aus der Autoproduktion in Bochum verkündeten, bleibt ihr Geheimnis. In den wenigen Minuten seines knapp bemessenen Redebeitrags zerstörte Opel-Chef Thomas Sedran vor 2300 Mitarbeitern im Ruhr-Congress einen Traum: den Traum, dass es nach 2016 noch Autos ‘Made in Bochum’ geben werde.
Nach kurzer Einführung durch den Betriebsratsvorsitzenden Rainer Einenkel trat Sedran ans Mikrofon. Mit ihm waren seine Vorstandskollegen Peter Thom und Holger Kimmes nach Bochum gekommen. Die Lage sei schlimm, daher gebe es keine Zukunft für eine Autoproduktion in Bochum. Er erwarte aber, dass die Mitarbeiter trotzdem in den nächsten vier Jahren Qualitätsprodukte ablieferten. Er gab vage Hinweise auf Erhalt und Ausbau des Warenverteilzentrums und eine mögliche Neuansiedlung einer Komponentenfertigung, ohne jedoch detailliert auf künftige Beschäftigtenzahlen einzugehen.
Danach beobachteten die Mitarbeiter einen Abgang, wie es ihn zuvor durch einen Vorstand in Bochum noch nicht gegeben hat. Wie auf ein Stichwort sei das Dreigestirn aus der ersten Reihe aufgesprungen und gen Hinterausgang verschwunden. Ein gewerkschaftlicher Vertrauensmann, der Thomas Sedran noch einmal zu einer Aussage bewegen wollte, sei von einem Sicherheitsmann rüde zur Seite geschoben und zu Boden gedrückt worden, schilderten Zeugen übereinstimmend einen Vorfall am Rande dieser aufgeladenen Sitzung.
Rainer Einenkel verkündete trotzig: „Wir werden hier in Bochum auch nach 2016 noch Autos produzieren.“ Mit Entsetzen hatte er wenige Minuten vor dieser Pressekonferenz den Auftritt der Männer aus Rüsselsheim verfolgt. Auf seine Frage nach der Zukunft für die 4000 Opelaner in Bochum habe es keine Antwort mehr gegeben.
„Zermürbungstaktik“
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ließ kurz nach der Betriebsversammlung eine Erklärung verbreiten: „Jetzt muss es darum gehen, den Opel-Vorstand beim Wort zu nehmen. Es muss ernsthaft und belastbar an einer Perspektive für den Standort gearbeitet werden.“ Enttäuscht äußerte sich auch Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz zu den ernüchternden Nachrichten: „Heute liefert GM das Ergebnis der jahrelangen Zermürbungstaktik. Immer wieder wurden die Opelaner vertröstet und hingehalten. Das GM nun keine Autos mehr in Bochum produzieren wird, ist ein herber Verlust für die Stadt und diese Region.“
Stellvertretend für die Mitarbeiter, die den Montag als einen weiteren rabenschwarzen Tag verbuchten mussten, mag die Reaktion von Ralf Lohoff (45) dienen. Er arbeitet in der Logistik bei Opel, schon sein Vater war Opel-Mitarbeiter. „Meine ersten Windeln hat Opel bezahlt. Opel ist mein Leben.“ Wie tief ihn Sedrans Worte wirklich getroffen haben, zeigt er noch nicht.