Bochum.

Franz Kafkas „Der Prozess“ gehört zu den bedeutendsten Büchern des 20. Jahrhunderts. Nun macht sich der tunesische Regisseur Fadhel Jaibi im Schauspielhaus daran, zeitgemäße wie zeitlose Funken aus dem Text zu schlagen.

Despotismus und staatliche Willkür waren schon Jaibis Themen, als Tunesien für den Westen vor allem ein Urlaubsland war und nicht der Ursprung des Arabischen Frühlings. Schon während des Ben-Ali-Regimes bewegte sich Regisseur zwischen Berühmtheit als künstlerischem Exportschlager und permanenter staatlicher Repression. Diesen Erfahrungshintergrund bringt Jaibi in seine Sicht auf Kafka ein.

„,Der Prozess’ ist ein Stück des Exils“, sagt Fadhel Jaibi. Josef K. leide unter einer Diktatur, „er ist ein Fremder in seinem Land, in seiner Gesellschaft“. Es stelle sich aber auch die Frage nach K.s eigener Verantwortung. Er, der sich nur als Opfer begreift, müsse erkennen, dass eine Bürgerschaft nicht funktionieren kann, „wenn man immer nur fordert, ohne selbst zu handeln“. Gleichwohl sei K. Teil eines totalitären Systems, das ihn schließlich vernichtet. „Das ist ja ein mythisches Thema, dass das System ihn am Ende zertritt“, findet der Regisseur.

In 13 langen Probewochen hat Jaibi mit dem Ensemble, zu dem neben Marco Massafra als Josef K. u.a. Kristina-Maria Peters, Nadja Robiné, Ronny Miersch und Anke Zillich zählen, die Aufführung modelliert. Die Schauspieler waren gefordert, sich nicht nur darstellerisch, sondern interaktiv auch dramaturgisch einzubringen. Herausgekommen ist ein durchchoreographierter Abend mit Bezügen zur antiken Tragödie – auch wenn zwischenzeitlich gelacht werden darf. Auch sei die „Energie des Publikums“ gefragt.

Premiere am 13. Oktober, 20 Uhr, in den Kammerspielen. Restkarten an der Abendkasse.