Bochum.
Inge Trojan ist auf einen Rollator als Gehhilfe angewiesen, und nutzt sie täglich. Bei der Fahrt mit dem Bus muss sie allerdings regelmäßig einen Kraftakt vollbringen.
Gut einen halben Meter breit ist die Pfütze zwischen Bus und Bordstein. Der zierlichen Dame muss sie wie ein kleiner Ozean vorkommen. Inge Trojan muss einen riesigen Schritt machen, um ihn zu überqueren. Dass sie dabei noch ihren Rollator in den Bus hieven muss, macht die Sache nicht einfacher für sie. „Sehen Sie das?“, fragt Trojan, bevor sie ihre Gehhilfe mit einem Ruck in den Bus mehr wirft, als stemmt.
Kaum Platz im Bus
Die 65-Jährige fährt an diesem Vormittag zum Einkaufen in den Ruhr-Park. Den Rollator nimmt sie stets mit. Seit sie 2003 von einem Auto angefahren wurde, ist die Stütze auf vier Rädern Trojans ständiger Begleiter. Sie parkt ihn in der Mitte des Busses, muss sich den knappen Platz mit zwei Kinderwagen und einem weiteren Rollator teilen.
Ob es ihr unangenehm gewesen sei, plötzlich für jedermann sichtbar auf eine Gehhilfe angewiesen zu sein? „Geziert habe ich mich nicht“, erinnert sich Trojan „Warum sollte ich auch? Viele Menschen brauchen eine Gehilfe. Ich hatte eher Angst davor, irgendwas falsch zu machen.“ Mittlerweile käme sie mit dem Rollwägelchen aber gut zurecht. „Nur bei Glatteis oder Regen habe ich meine Probleme. Da bleibe ich lieber zu Hause.“
Standardmodelle und Luxusgefährte
Als der Bus am Ruhr-Park hält, muss Trojan den Kraftakt erneut vollführen. Zwei Schuljungen, die für Höflichkeit eigentlich alt genug sein müssten, drängeln an ihr vorbei, statt zu helfen. „Man ist eher erschrocken, wenn jemand Hilfe anbietet“, sagt Trojan und macht sich auf den Weg in den Supermarkt.
Im Jahr 2012 gehört der Rollator zum Alltag vieler Menschen. Schätzungsweise zwei Millionen Bürger sind damit in Deutschland unterwegs. Rund 500.000 sollen jährlich dazukommen. 1990 kam er von Schweden auf den deutschen Markt. Mittlerweile gibt es zwei Dutzend Hersteller. Sie entwickeln immer komfortablere Modelle.
Die Pauschalen, die nach einer Verschreibung durch einen Arzt von den Krankenkassen gezahlt werden, decken meist jedoch nur die Standardmodelle ab. Diese werden auch von Discountern als Aktionsware für weniger als 100 Euro verkauft. Für die Premium-Ausführungen muss man an die 1000 Euro berappen.
Elektromobile werden immer beliebter
Egal ob Standard- oder Luxusmodell: Die Hersteller erfinden immer neues Zubehör, mit denen man die Rollatoren aufmotzen kann. Es gibt Hupen, LED-Leuchten oder Schirmhalter, aber auch Dekor-Sätze, um das Skelett des Wagens mit Blumenmustern zu verschönern.
Neben Rollatoren werden Elektromobile, sogenannte „Scooter“, als Hilfsmittel immer beliebter. Die Preise dafür liegen im vierstelligen Bereich. Kranken- und Pflegekassen finanzieren die E-mobile zum Teil. Vor der Anschaffung sollte man bei den Kostenträgern nachfragen, ob sie die Kosten teilweise oder ganz übernehmen. Dafür benötigt man eine ärztliche Bestätigung, die ausweist, dass man auf dieses Hilfsmittel angewiesen ist.
„Für mich wäre ein Elektromobil nichts“, sagt Inge Trojan, als sie ihren Einkauf beendet hat. „Ich möchte so viel wie möglich auf den Beinen bleiben. Das hält fit.“ Mit der Linie 344 fährt sie schließlich wieder zurück Richtung Wohnung. Zwischen der Bustür und dem Gehweg tut sich erneut ein Spalt auf. Ein letztes Mal für diesen Tag muss Trojan einen kleinen Ozean überqueren.