Bochum. Eine François-Morellet-Skulptur ist am Finanzamt-Süd wiederaufgestellt worden. Vormals Springerplatz

Das Werk „Deux segments de droite, l’un horizontal l’autre vertical“ (Zwei gerade Segmente, eines horizontal, eines vertikal) des französischen Künstlers François Morellet hat für sein im kunsthistorischen Kontext noch sehr junges Alter schon sehr viel mitgemacht. 1979/80 auf dem hiesigen Bildhauersymposium entstanden, war es an seinem ersten Standort, am Springerplatz, schon fast einmal verrottet, wurde als rostige Sitzgelegenheit missbraucht, litt an Pigmentverfälschungen, wurde doch noch gerettet, aufgehübscht und vor kurzen dann doch wieder brutal halbiert. Jetzt haben die beiden 500 x 30 x30 cm starken grellroten Blechbalken eine neue Heimat gefunden. Morellets Werk ist fortan am Finanzamt-Süd an der Königsallee verortet. „Finanzamt, my God!“, soll der Künstler bei einer Besichtigung ausgerufen haben. Wie er das gemeint hat, ist nicht überliefert.

Irrungen und Wirrungen

„Irrungen, Wirrungen“, benannte Kulturdezernent Michael Townsend das Geschehen rund um die Skulptur. Anlass zur Irritation hatte besonders jene wirre Aktion gegeben, die zur hoffentlich letzten Destruktion des Kunstwerkes geführt hatte: Das erst 2004/2005 durch eine private Initiative von Bettina Eickhoff instand gesetzte Werk fiel 2010 einer Schulrenovierung zum Opfer. Genauer gesagt: einer Feuertreppe. Offenbar stand Kunst im öffentlichen Raum auf der Liste der bei Bauvorhaben zu beachtenden Faktoren weit unten. Erneut war es Bettina Eickhoff, die sich auf die Suche machte, einen neuen Standort zu finden.

Relationen verschoben

Man muss sagen: der ist grandios gewählt. In Sichtweite der Kammerspiele, direkt neben einer mächtigen Kastanie, schmücken die rot-gleißenden Balken nun das Finanzamt. Townsend optimistisch: „Es wird nicht lange dauern, bis man sich das Finanzamt nicht mehr ohne den Morellet vorstellen kann“. Das Werk ist am neuen Ort komprimiert, die Relationen haben sich verschoben. Dennoch sei die bei Kunst im öffentlichen Raum immer schwierige Translocierung autorisiert und gelungen, sagten die Verantwortlichen vom Museum.

Typisch für die Kunst Morellets

Die ästhetische Idee des Werkes sieht vor, dass sich der Betrachter als Passant vorbeibewegt. Dabei entsteht der optische Eindruck sich bewegender Balken. Dieser Eindruck, diese Dynamik, ist typisch für die Kunst des François Morellet, der in Bochum an vielen Standorten vertreten ist. Am prominentesten ist seine „Skyline“, die bei Dunkelheit über dem Museum leuchtet.

Gutes hat die Leidensgeschichte des Werkes auch: die Kommission für Kunst im öffentlichen Raum ist nun besser aufgestellt. Und es wird demnächst ein Buch geben, dass die „Public Art Ruhr“ auflistet und vor allem würdigt. Und vielleicht schützt.