Bochum. .

Diese Guerilla trägt nicht Camouflage, sondern die grüne Latzhose, hat die Maschinenpistole gegen eine Gießkanne vertauscht und wirft eher mit Samen als mit Handgranaten um sich. Sogar Stadtwerke und GLS-Bank nahmen jüngst Geld in die Hand, um sie zu fördern, beim Festival N.A.T.U.R, das im Mai für Aufsehen sorgte. Die Bochumer Guerilla-Gärtner haben sich nun einen Namen gegeben, um als „Ruhrstadt-Gartenmiliz“ ihr (Un)-wesen zu treiben. Wir wollten wissen, ob sie eher Schrecken oder Segen in den Augen des Bürgers sind.

Längst vor besagtem Festival wuselten etwa im Ehrenfeld aber auch ganz brave Geschäftsleute anderswo in den Stadtteilen mit Schüppchen, Rindenmulch und Pflanzen herum. Carina Schöne-Warnefeld vom Geschenk- und Mode-Geschäft Stückgut an der Königsallee sagt. „Wir haben das Minigärtlein bei uns mit Bank und Pflanzen selbst bezahlt. Andauernd werden wir angesprochen. Es hat sich zu einem richtigen Minitreffpunkt entwickelt.“ Wenige Hundert Meter weiter in Richtung Innenstadt, lockt eine magentafarbene Bank, die Stelle war eine der ersten in Bochum – ein Garten da, wo keiner sein sollte und das auf öffentlichem Raum. Wie passt das zusammen?

Stadt duldet die meisten Mini-Oasen

Abteilungsleiter Michael Grothe ist genau für dieses Thema beim Umwelt- und Grünflächenamt zuständig. Er macht gar keinen Hehl daraus, dass er solch bürgerliches Engagement begrüßt. Eigentlich. Denn die Sache hat einen Haken, für die Stadt jedenfalls. Offiziell unterstützen, etwa durch Geld, oder Pflanzen, könne sie solche Aktionen kaum. Das hat ganz einfache Gründe: Es gibt gewisse Vorschriften etwa durch die Berufsgenossenschaften, außerdem sei es eine Art Vertrag, den die Stadt eingehe, wenn sie sozusagen Bürgern ehrenamtlich mit Grünpflege betraue. „Wir prüfen jedoch derzeit, wie wir mit solchen Anliegen umgehen können“, so Grothe.

Fakt ist, so jedenfalls der Eindruck: Derzeit duldet die Stadt die meisten Mini-Oasen, die sich an etlichen Stellen – und dies nicht nur im Ehrenfeld – wie von Geisterhand gebildet haben. Außer den eher ein wenig anarchisch angehauchten Leuten von der Ruhrstadt-Gartenmiliz sind es ganz normale Bürger, die selbst Hand anlegen. Ein Hintergrund ist, dass seit einigen Jahren aufgrund städtischer Sparbeschlüsse die Baumscheiben, so die offizielle Bezeichnung für das Grün rund um die Straßenbäume nicht mehr regelmäßig gepflegt werden können. Die Stadt, so erklärt Grothe, befindet sich in einer Art Zwickmühle. Auf der einen Seite wird das Engagement begrüßt, doch Begriffe wie „Verkehrssicherungspflicht“ haben durchaus Konsequenzen, wenn denn etwas passiert und klar wird, die Stadt habe dies ja schließlich geduldet.

Keine Berührungsängste

Kolja Klar ist ausgebildeter Gärtner und bekennender Ruhrstadt-Gartenmilizionär. Als einer der Aktivisten des N.A.T.U.R-Festivals kennt er sich gut aus mit dem städtischen Grün, lernte während seiner Ausbildung auch städtische Gärtner kennen, weiß um die Problematik. Eine engere Zusammenarbeit mit der Stadt sei kein Tabu, da hat er keine Berührungsängste, ganz im Gegenteil:

„Ich habe sogar neulich gehört, dass eine andere Bepflanzung des öffentlichen Raumes sogar Geld sparen kann, bis zu einem Zehntel der Kosten“, sagt Klar. Er könne sich vorstellen, dass die Stadt etwa Rindenmulch kostenlos zur Verfügung stelle oder die städtischen Gärtner selbst sensibilisiert werden könnten.

Kolja Klar macht konkrete Vorschläge, um bei städtischem Grün eine Änderung herbei zu führen:

  • Gleich mehrjährige Pflanzen anstelle der normalen Wechselbepflanzung setzen das bringt Abwechslung und spart zudem Geld
  • Mehr heimische Sorten wählen
  • Schon bei der Gärtnerausbildung etwas ändern
  • Die Stadt könnte bestimmte Flächen ganz bewusst für gärtnerische Aktionen zur Verfügung stellen