Bochum.. Seit zehn Jahren kümmert sich der Tierschutzverein „Tiere in Not“ vor allem um Katzen. Rund hundert sind zur Zeit in den Vereinsräumen der Geschäftsstelle untergebracht. Doch die Vermittlung wird immer schwerer. Und die Zahl wild lebender Hauskatzen steige ständig, beklagt Geschäftsführer Gerhard Kipper und rief den „Katzennotstand“ aus.

„Wir sind dem Problem wildlebender Hauskatzen nicht mehr gewachsen.“ Gerhard Kipper (61), Geschäftsführer des Tierschutzvereins „Tiere in Not“, schlägt Alarm und sagt beschwörend: „Nun ist das eingetreten, was wir Tierschützer befürchtet und vorausgesehen haben - der Katzennotstand. Noch nie wurden so viele Katzenbabys geboren. Noch nie mussten so viele Katzen im Elend leben.“

Erneut fordert Kipper deshalb die Einführung einer zwingenden Kastrationsregelung. Doch die ist immer noch nicht in Sicht, es gebe nur ein „Schrittchen in die richtige Richtung“ im Entwurf des Bundestierschutzgesetzes. Denn: „Die Kastrations- und Kennzeichnungsverpflichtung muss flächendeckend bundesweit gelten.“ Anders sei die wachsende Katzenschwemme nicht mehr zu stoppen.

Aufnahmestopp wegen Platzmangel

Wer vor dem Mietshaus Castroper Straße 139 steht, wo der Verein unweit des VfL-Stadions seine Geschäftsstelle hat, sieht weit und breit keine Katze. Doch drinnen, verteilt auf den Etagen, in Zimmern mit Gehegen, finden sich um die hundert Tiere, sozusagen Kippers Katzenkompanie. Stubentiger, wohin man blickt. Auch ganz junge, die fidel herumpurzeln.

Es sind so viele, dass der Verein Ende Mai die Bremse zog: Aufnahmestopp. 16 Jungtiere aus dem letzten Jahr sind dabei, konnten noch nicht vermittelt werden. Obwohl sie geimpft, entwurmt, kastriert und gekennzeichnet seien.

Aufnahmestopp? Kipper gesteht: „Wenn einer vor der Tür steht und hat so ein Häufchen Elend im Arm, dann kann man nicht Nein sagen.“ Der Verein hat Krankenstation und OP-Raum, arbeitet mit einem Tierarzt zusammen, auch mit Veterinär- und Ordnungsamt.

Einige wilde Hauskatzen haben noch nie eine Maus gefangen

Kipper lobt den Bund deutscher Tierfreunde: „Der finanziert das ganze Geschäft mit den Katzen.“ Doch obwohl der Verein seine Schützlinge gegen eine Spende von nur 90 Euro in „gute Hände“ abgibt, werde das immer schwerer. Die Vermittlung sei rückläufig, die Zuwendungen von Bußgeldern durch die Gerichte auch. Aus Geldmangel hat der Verein eine Außenstelle in Witten geschlossen.

Jetzt braut sich der ganz große Katzenjammer zusammen, wenn man Gerhard Kipper Glauben schenken darf: Allein in 17 „Katzenkolonien“ in grünen Ecken von Bochum, Witten, Hattingen und Sprockhövel würden 258 wild lebende Hauskatzen versorgt. „Da sind welche dabei, die haben noch nie eine Maus gefangen.“

Nachbarschaft versorgt Katzenkolonie

Damit sie doch noch auf den Geschmack kommen, werden sie in den Kolonien „nur beigefüttert, nicht sattgefüttert“. Mit Trockenfutter, nicht mit Nassfutter, das friere im Winter ein und werde im Sommer nach einer Stunde schlecht. Die Versorgung einer Kolonie erfolge meist durch „Nachbarn, die sich zusammen tun“.

Auch an der Castroper Straße 131, mit den hundert Katzen am Bein, ziehen alle an einem Strang: Kippers Frau Sigrid ist die zweite Vereinsvorsitzende, was das Handeln einfacher mache. Tochter Sina ist mit eingespannt, auch die Söhne. Kipper nicht ohne Stolz: „Unsere Kinder sind genau so katzenbekloppt wie wir.“