Bochum.. Schon zum dritten Mal musste am Montag ein Millionenerbe (44), der 167.000 Euro Erbschaftssteuern hinterzogen hatte, vor das Bochumer Schöffengericht. Aber jedesmal erschien er nicht. Verurteilt wurde er trotzdem.
Ein Millionenerbe, der keine Erbschaftssteuern gezahlt hat, hält die Strafjustiz ordentlich auf Trab. Der 44-Jährige war bereits im vorigen Oktober vom Bochumer Schöffengericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, weil er dem Fiskus rund 167.000 Euro vorenthalten hat. Doch damit war der Fall für das Gericht noch lange nicht erledigt.
Die kuriose Justizgeschichte begann im August 2008. Damals hatte der 44-jährige Dorstener von seinem verwitweten Vater Bargeld und vor allem Immobilien im Gesamtwert von rund 1,1 Millionen Euro geerbt. Es gibt kein Testament, aber der Sohn ist der gesetzliche Erbe. Über die Banken des Vaters erfuhr das Bochumer Finanzamt-Süd von dem Vermögen; das ist auch für Erbschaften in Dorsten zuständig. Der 44-Jährige verhielt sich nach dem Tod des Vaters aber sonderbar passiv. Er beantragte zum Beispiel keinen Erbschein, schlug das Erbe aber auch nicht ausdrücklich aus. Damit war er automatisch erbschaftssteuerpflichtig. Weil er die Abgaben aber nicht zahlte, flatterte ihm eine Anklage wegen Steuerhinterziehung ins Haus.
Der Stuhl des Angeklagten blieb schon wieder leer
Richter Dr. Karl-Heinz Bösken hatte den damals in Düsseldorf lebenden Mann im vorigen Oktober auf die Anklagebank zitiert. Dort erschien er aber nicht - ohne Entschuldigung. Sein Pflichtverteidiger Martin Gentz wusste ebenfalls nicht, wo sein Mandant steckte. In Abwesenheit, per Strafbefehl, bekam er dann ein Jahr Haft auf Bewährung. Dagegen legte der Verteidiger Einspruch ein. Weil der Angeklagte aber auch beim zweiten Gerichtstermin im Januar nicht erschien, wurde das Urteil kurzerhand bestätigt.
Danach schien der Fall endgültig erledigt. Doch von wegen! Weil der Verteidiger erst nach dem zweiten Prozess erfuhr, dass sein Mandant mittlerweile in Dorsten lebt, war nicht sichergestellt, ob er überhaupt die Ladung zu der zweiten Verhandlung erhalten hatte. Deshalb setzte der Richter für Dienstag (19. Juni) einen dritten Termin an. Doch als das Gericht, der Staatsanwalt, der Verteidiger und ein Finanzbeamter bereits Platz genommen hatten, blieb der Stuhl des Angeklagten erneut leer. Auch Gentz wusste nicht, wo der Millionenerbe steckte. Folge: Das Gericht verwarf den Einspruch gegen die Strafe aufs Neue. „Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.“
„Ich würde ihm gerne helfen. Aber ich weiß wirklich nicht, wie“
Der Mann scheint juristisch den Kopf in den Sand zu stecken. Der Grund dafür ist den Juristen ein Rätsel. Auf Anschreiben seines Anwalts reagiert er nicht. Gentz sagte der WAZ: „Ich würde ihm gerne helfen. Aber ich weiß wirklich nicht, wie.“
Der Anwalt und das Gericht wissen nicht einmal, ob er das Erbe überhaupt entgegengenommen hat, was er beruflich macht und wovon er lebt. Allerdings: Das Finanzamt ist dabei, zu vollstrecken. Einzelheiten wurden vor Gericht nicht erörtert. Und außerhalb des Saales gilt das Bank- und Steuergeheimnis.