Bochum.. Die Staatsanwaltschaft hat am Montag 13 Jahre Haft für einen 44-jährigen Mann gefordert. Der Angeklagte hatte zugegeben, den Millionär Kandaouroff vor seiner Villa in Datteln und eine Anwaltswitwe (77) in Bochum überfallen zu haben. Der 80-Jährige starb durch einen Kopfschuss.

Über sechs Jahre nach einem besonders kaltblütigen Raubüberfall auf eine Anwaltswitwe (77) am Bochumer Stadtpark haben die Bochumer Staatsanwälte Dieter Justinsky und Marc Krämer am Montag 13 Jahre Haft für einen 44-jährigen Mann gefordert. Diese Strafe umfasst einen weiteren, diesmal sogar tödlichen Überfall auf den Millionär Klaus Kandaouroff (80) vor seiner Villa in Datteln im Mai 2010. Damals war der Geflügelgroßhändler mit einem Kopfschuss getötet worden.

Für Justinsky, einen hocherfahrenen Staatsanwalt, gehören die beiden Verbrechen zu seinen spektakulärsten Fällen. Die Aufklärung war kriminalistische Schwerstarbeit.

Angeklagter kannte sein Opfer aus seiner Tätigkeit als Kellner

Am späten Abend des 7. Januar 2006 ging der Angeklagte zusammen mit einem unbekannten Komplizen in die Villa am Stadtpark. Mit einem Schraubenzieher brachen sie die Kelltertür auf. Sie waren maskiert und trugen Handschuhe. Sie wussten, wer dort wohnt, eine vermögende Witwe (damals 71). Der 44-Jährige kannte sie gut. Er jobbte als Kellner in einem Lokal in Haltern, wo die Rentnerin und, zu Lebzeiten, auch noch ihr Ehemann regelmäßig zu Gast waren. Es bestand, sagte Justinsky, „ein Vertrauensverhältnis“. Daher wusste der Kellner auch, dass in der Villa viele Wertsachen zu holen waren.

Tatwaffe gesucht

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Suchaktion der Polizei am Mittwoch, 23.02.2011 in Datteln. Mit insgesamt 43 Einsatzkräften suchten die Beamten am Kanal nach der Tatwaffe. Neben Metallsuchgeräten kam auch ein Sprengstoff-Spürhund zum Einsatz. Die Suche blieb allerdings erfolglos. Am 29.05.2010 ist der Hotelier Kandaouroff vor seinem Haus in Datteln ermordet worden. Foto: Joachim Kleine-Büning/ WAZ FotoPool
Suchaktion der Polizei am Mittwoch, 23.02.2011 in Datteln. Mit insgesamt 43 Einsatzkräften suchten die Beamten am Kanal nach der Tatwaffe. Neben Metallsuchgeräten kam auch ein Sprengstoff-Spürhund zum Einsatz. Die Suche blieb allerdings erfolglos. Am 29.05.2010 ist der Hotelier Kandaouroff vor seinem Haus in Datteln ermordet worden. Foto: Joachim Kleine-Büning/ WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
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Die Witwe lag bereits im Bett, als die Einbrecher kamen. „Wir sind Russen, nicht schreien, ich tue Ihnen nichts“, soll der Komplize gesagt haben. Dann forderten die Gangster, dass sie den Tresor öffnet. Das tat die wehrlose Frau. Der 44-Jährige ergriff ein Schälmesser, zerschnitt damit ein Bettlaken und fesselte die Frau. Der Mittäter soll ihr auch mit einer Taschenlampe auf den Kopf gehauen haben. Sie erlitt eine blutige Riss-Quetsch-Wunde. Aus dem Tresor erbeuteten die Räuber Geld und Schmuck im Wert von 100.000 Euro. Damit flüchteten sie.

Nach „XY ungelöst“Sendung kam der entscheidende Tipp

Viele Jahre blieb das Verbrechen ungeklärt. Doch nachdem am 29. Mai 2010 der Millionär Kandaouroff in Datteln getötet wurde, fand Justinsky die entscheidende Spur. In Tatortnähe in Datteln hatte der bis dahin unbekannte Täter auf der Flucht seine Sturmhaube weggeworfen. Daran fand man DNA. Die Spuren stimmten auch mit denen am Schälmesser aus der Bochumer Tat überein.

Die Identität des Täters war damit zwar noch nicht geklärt, weil er in keiner DNA-Kartei gespeichert war. Aber dann gab jemand nach einer „XY ungelöst“-Sendung im ZDF den erfolgreichen Tipp, der zu dem jetzt angeklagten 44-Jährigen, ein Halterner, führte. Im Februar 2011 wurde er verhaftet. Jener Tippgeber hat von der Familie Kandaouroff für seine Informationen 300 000 Euro Belohnung vertraglich vereinbart. Ein Teil davon ist bereits geflossen.

Vor Gericht gab der 44-Jährige die Taten zu. Aber: Der Schuss auf den Millionär habe sich aus Versehen gelöst. Er habe das Opfer nur ausrauben, nicht töten wollen. Das konnten ihm die Ankläger „nicht widerlegen“. Sie plädierten daher nicht auf Raubmord, sondern sehen einen „versuchten schweren Raub mit Todesfolge“. Der Verteidiger des 44-Jährigen sieht eine "fahrlässige Tötung" und plädierte auf eine Gesamtstrafe von siebeneinhalb Jahren Haft.

Mordfall Kandaouroff

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Klaus Kandaouroff wurde am 29. Mai 2010 umgebracht. Er wurde wohl das Opfer eines misslungenen Raubüberfalls. Foto: Hotel Seehof
Klaus Kandaouroff wurde am 29. Mai 2010 umgebracht. Er wurde wohl das Opfer eines misslungenen Raubüberfalls. Foto: Hotel Seehof © Hotel Seehof | Hotel Seehof
Polizeipressekonferenz im Mordfall Kandaouroff am 12. August in Recklinghausen. Großes Medienaufgebot im Konferenzraum. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Polizeipressekonferenz im Mordfall Kandaouroff am 12. August in Recklinghausen. Großes Medienaufgebot im Konferenzraum. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Projektil im Mordfall. Als Tatwaffe kommt ein Revolver der Marke Smith & Wesson bzw. Taurus und Sturm-Ruger in Betracht. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Projektil im Mordfall. Als Tatwaffe kommt ein Revolver der Marke Smith & Wesson bzw. Taurus und Sturm-Ruger in Betracht. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Staatsanwalt Dieter Justinski und Pressesprecher Andreas Wilming-Weber. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Staatsanwalt Dieter Justinski und Pressesprecher Andreas Wilming-Weber. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Videoaufzeichnung am Hause Kandaouroff. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Videoaufzeichnung am Hause Kandaouroff. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Staatsanwalt Dieter Justinsky. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Staatsanwalt Dieter Justinsky. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Leiter der Mordkommission Achim Finkeldey, Staatswalt Dieter Justinsky und Pressesprecher Andreas Wilming-Weber. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Leiter der Mordkommission Achim Finkeldey, Staatswalt Dieter Justinsky und Pressesprecher Andreas Wilming-Weber. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Großes Medienaufgebot im Konferenzraum. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Großes Medienaufgebot im Konferenzraum. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Der Leiter der Mordkommission Achim Finkeldey. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool
Der Leiter der Mordkommission Achim Finkeldey. Foto: Reiner Kruse/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Diese Sturmhaube hat ein Zeuge in der Nähe des Tatorts gefunden. Foto: Reiner Kruse WAZ FotoPool
Diese Sturmhaube hat ein Zeuge in der Nähe des Tatorts gefunden. Foto: Reiner Kruse WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Die Mordkommission am 19. Juni in Datteln. Im Zuge der Ermittlungen rekonstruierte die Kripo den Tatablauf auf dem Gelände. Der silberne Mercedes ist das Fahrzeug des Ermordeten Klaus Kandaouroff. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Die Mordkommission am 19. Juni in Datteln. Im Zuge der Ermittlungen rekonstruierte die Kripo den Tatablauf auf dem Gelände. Der silberne Mercedes ist das Fahrzeug des Ermordeten Klaus Kandaouroff. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Im Eingangsbereich dieses Hauses wurde Kandaouroff ermordet. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Im Eingangsbereich dieses Hauses wurde Kandaouroff ermordet. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
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Am 20. Juni sperrte die Polizei sogar zeitweise die Autobahn 43.  Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Am 20. Juni sperrte die Polizei sogar zeitweise die Autobahn 43. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Zwei Hundeführerinnen suchten mit sogenannten Mantrack-Hunden die A 43 nach Spuren der Täter ab. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Zwei Hundeführerinnen suchten mit sogenannten Mantrack-Hunden die A 43 nach Spuren der Täter ab. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
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Der Angeklagte hatte bei der Tat in Datteln zwei Komplizen (47, 48) gehabt. Sie sollen für sieben bzw. acht Jahre in Haft. Ohne Beute waren sie damals geflüchtet.

Ein Urteil folgt am 10. Mai. Acht Monate und 25 Sitzungstage hat der Prozess bis jetzt gedauert.