Bochum.25 junge Vorlesemeister aus sechsten Klassen aus dem Regierungsbezirk Arnsberg trafen sich in der Mayerschen Buchhandlung zum Wettbewerb. Literatur rund um Grusel und Vampire mögen sie am meisten.

In der Mayerschen Buchhandlung in der Kortumstraße ging es am Sonntag geheimnisvoll zu. Eine Buchhändlerin mit Klemmbrett stand am Eingang, Namen wurden abgehakt, die Türen immer wieder auf- und zugeschlossen. Hier kam nicht jeder rein, geschlossene Veranstaltung. Im Untergeschoss zwischen Esoterikabteilung und Theologie dann des Rätsels Lösung: Hier fand der Bezirksentscheid des Vorlesewettbewerbs statt und das zahlreich erschienene Publikum wartete gespannt.

Nervöse Elten, nervöse Kinder

Nervöse Eltern mit noch nervöseren Kindern rutschten unruhig auf ihren Stühlen hin und her, gleich sollte es losgehen. Der elfjährige Jonas aus Herne dagegen wirkte ganz ruhig. Ob er aufgeregt sei. „Nö, eigentlich nicht“, meinte er cool. Da schien er der Einzige zu sein, flackernde Kinderaugen und rot angelaufene Köpfe waren eher die Regel. Kein Wunder, für die rund 25 Kinder ging es um das Weiterkommen im Wettbewerb. In ihrer Klasse, ihrer Schule und ihrer Stadt waren sie schon die Besten, aber der Bezirksentscheid ist nur eine weitere Stufe bis zum bundesweiten Finale im Juni.

Wer glaubt, Lesen sei out, der irrt gewaltig. 700 000 Schüler der sechsten Klassen der Haupt- und Realschulen und Gymnasien hatten sich in diesem Jahr angemeldet und die rund 600 Regionalwettbewerbe wurden von Buchhandlungen, Bibliotheken, Schulen und anderen kulturellen Einrichtungen ausgerichtet.

Vorlesen schon seit 1959

Initiator des Vorlesewettbewerbs ist seit 1959 der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Eine Traditionsveranstaltung also, bei der es um viel geht. Obwohl schon mehrfach dabei, war Silke Bellmann, Bereichsleiterin der Mayerschen Buchhandluchung, mindestens genauso aufgeregt wie die Teilnehmer, als sie dem Publikum das Procedere erklärte. Los ging es mit Runde eins, in der die Kinder selbst ausgesuchte Texte lasen.

Unheimliches, Gruseliges, Vampire, Tod und Verderben stehen ganz oben auf der Lieblingsthemenliste der Elf- bis 13-Jährigen. Gleich mehrere Kinder lasen aus der Gothic Novel „Die letzte Nacht des Jahres“ der isländischen Autorin Gerdur Kristny, bei der es um einen „bösen“ Stuhl geht. Auch Sascha hatte sich diesen Text ausgesucht. In tief sitzenden Trainigshosen saß er lässig auf der Bühne. Dabei gingen ihm Wörter wie „spiritistische Sitzungen“ oder „Séancen“ kinderleicht über die Lippen. Auch Stephanie Meyers Vampirsaga „Biss zum Ende der Nacht“ steht in der Gunst ganz oben. Eine zwölfjährige Teilnehmerin fasste den Inhalt des vierten Bandes pragmatisch zusammen. „Bella und Edward sind ein Liebespaar. Aber Bella ist schwanger und das ist total unnormal, weil Edward ein Vampir ist“. Noch Fragen? Wer sich Sorgen um ungern lesenden Nachwuchs macht, sollte es mit Grusel- Geschichten um Untote und unheilbringenden Stühle versuchen.