Bochum.
Der Kunstverein im Bochumer Kulturrat zeigt unter dem Titel „Just a moment“ bis zum 15. April eine sehenswerte Ausstellung mit Bildern, Wand- und Rauminstallationen des Berliner Künstlers Michael Schustertionen
Der Bochumer Kulturrat ist als kleines sozio-kulturelles Zentrum längst eine (nicht nur) Bochumer Insitution. Konzerte, Lesungen und Stadtteilgespräche prägen die Arbeit in Gerthe. Ruhig noch ein bisschen mehr dürfte sich herumsprechen, dass es in den alten Gemäuern der Zeche Lothringen auch einen Kunstverein gibt – bereits seit 2007 ist die Galerie des Bochumer Kulturrat e.V. als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine ADKV anerkannt.
Sechs Ausstellungen im Jahr
Der Kunstverein organisiert in der Regel sechs Ausstellungen im Jahr; in den 20 Jahren Kulturtätigkeit auf Lothringen haben Künstlerinnen und Künstler aus 20 Ländern ausgestellt, wobei sich der Schwerpunkt mittlerweile auf die junge deutsche und europäische Kunstszene vor allem im Bereich Fotografie, Video, Raum- und Klanginstallation sowie medienübergreifende Projekte konzentriert. Verantwortlich für die Ausstellungen zeichnet der Kunsthistoriker Carsten Roth , hat nach dem Tod von Christoph Kivelitz dessen Kurator-Position eingenommen.
Aktuell wird unter dem Motto „Just a moment“ in Gerthe eine umfangreiche Schau mit Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers Michael Schuster gezeigt. Es ist eine höchst ungewöhnliche Exposition, denn Schusters Kunst-Stückchen bestehen aus trockenem Laub! Die filigranen Arbeiten verteilen sich fast schüchtern in den sechs Galerieräumen im Unter-, Erd- und Obergeschoss - und sind doch von einer poetischen Kraft durchsetzt, die den Betrachter unmittelbar anspricht.
Schusters Thema ist die Konservierung und Speicherung von Erinnerungen. Als „Rohstoff“ dienen ihm Fotografien aus dem privaten Umfeld, etwa Familienalben entnommene Urlaubsschnappschüsse, die Kinder auf Skiern, die Familie am Strand, Straßenszenen - ganz banale, gleichwohl zeitlose Motive. In Gerthe sind aber nicht die Fotos zu sehen sein, sondern von Michael Schuster mit der Sensibilität für die Zerbrechlichkeit des Seins unternommene bildliche „Übersetzungen“ fotografischer Vorlagen. Er verwendet getrocknetes und gepresstes Herbstlaub als Bildgebendes Material, das schon aus sich selbt heraus Vergänglichkeit suggeriert. Wie in einem Scherenschnitt reduziert Schuster en ursprünglichen fotografischen Kontext, löst die in der Fotovorlage abgebildeten Personen aus ihrer Umgebung und verbindet sie neu mit der Struktur und Form des Blattes. Das Ganze ist ein so verblüffendes wie überzeugendes Wahrnehmungserlebnis.
Neben einer Flut von Laub-Bildern, die die Wände des Kunstvereins wie eine Installation überzieht, bieten in den Kellerräumen Schusters aus Herbstblättern ausgeschnittenen vermenschlichte Silhouetten einen weiteren verblüffenden Ansatz. Hier wird u.a. mit von Kerzenlicht projizierten Schatten experimentiert, was eine fast sakrale Atmosphäre entstehen lässt.
Realität und Fiktion, Bestand und Flüchtigkeit, Gegenwart und Vergangenheit, Bild und Abbild, Licht und Schatten, Verwelken und Erblühen, Leben und Tod: Die Ausstellung „Just a moment“ vermittelt einen künstlerisch überzeugenden Eindruck von den vielfältigen Phänomen des Daseins.
Galerieöffnungszeiten: Di. 15-18 Uhr, Do. u. Fr. 18-20 Uhr
Info: Tel. 0234 / 862012
http://www.kulturrat-bochum.de