Bochum.. Bei den „Bochum Toastmasters“ üben sich die Teilnehmer in der Kunst der freien Rede – und tanken dabei Selbstvertrauen. Viele hätten sich gar nicht zugetraut, vor einer größeren Gruppe zu sprechen: „Früher wäre ich sieben Tode gestorben...“

Ja, der letzte Urlaub war wirklich eine Wucht. Zwei Wochen Thailand! Sonne, Strand und lecker Essen: „Da gab’s nichts zu meckern“, meint Simon. Wenn nur die verdammte Flugangst nicht wäre! „Aber nach ein paar Bacardi hatte ich das – äh – gut im Griff...“

Gerade hatte sich Simon so schön in Fahrt geredet, da wird er von einer Klingel unterbrochen. Sein Kollege Jürgen im hinteren Teil des Raums hat aufgepasst und bemerkt, dass Simon in seiner Rede ein „Äh“ reingerutscht ist. Also ein Füllwort. Der kleine Faux pas war Simon auch aufgefallen. Er lächelt kurz und fährt fort: „Als wir in Bangkok ankamen...“

Diese Überwindung kennt jeder

Willkommen bei den „Bochum Toastmasters“. An jedem Montagabend treffen sich am Buscheyplatz etwa 20 Mitglieder, um gemeinsam freies und vor allem überzeugendes Reden und Rhetorik zu üben. Denn diese Überwindung kennt wohl jeder: Einen Vortrag vor wildfremden Menschen zu halten und dabei noch möglichst eloquent, witzig und charmant rüberzukommen, ist für viele ein echtes Hindernis. „Das war bei mir früher nicht anders“, meint Barbara Stauch, die als Präsidentin dem Rhetorikclub vorsteht. „Ich war entsetzlich nervös, wenn ich vor einer großen Gruppe sprechen sollte.“

Doch freies Reden und selbstsicheres Auftreten lassen sich trainieren. Mitten unter netten Leuten in freundlicher Atmosphäre (man duzt sich) kommt jeder Teilnehmer in die Pflicht, eine vorbereitet Rede von etwa fünf Minuten vor der Gruppe zu halten oder auch spontan aus dem Stegreif zu agieren. Das Feedback gibt es gleich hinterher. „Dabei achten wir auf die Stimme, auf Körpersprache, auf Grammatik und zählen unnötige Füllwörter“, sagt Barbara Stauch. „Wenn sich jemand ständig das Haar zurück streicht, gilt das als Zeichen von Nervosität.“ Als vorbildlichen Redner bezeichnet sie US-Präsident Barack Obama („ein Meister der Pausen“), dagegen gilt Edmund Stoibers berühmte Transrapid-Rede eher als abschreckendes Beispiel.

Themen nach Wahl

Jetzt ist Andreas an der Reihe. Ihm gebührt heute der Job des Moderators. „Früher wäre ich sieben Tode gestorben“, sagt er lächelnd. „Ich hätte Herzrasen bekommen und kaum mehr als ‘Guten Abend’ gesagt.“ Doch dank des kontinuierlichen Trainings traut er sich das freie Reden mittlerweile zu, und wenn er doch nervös sein sollte, dann überspielt er das geschickt.

Die wöchentlichen Treffen laufen stets nach ähnlichem Muster ab. Zunächst werden drei zuvor festgelegte Reden gehalten – mit Themen nach Wahl. „Einer erzählt was aus seinem Job, der andere einen Schwank aus der Jugend“, sagt Barbara Stauch. Ihre Kollegin Marlis hat sich heute dazu entschieden, von ihrer krebskranken Freundin zu erzählen, und sie macht dies so energisch und bravourös, dass ihr dafür am Ende der Applaus ihrer Mitstreiter sicher ist. Etwas im Hintergrund sitzt Sabine mit der Stoppuhr in der Hand: Ein ausgeklügeltes Kartensystem stellt sicher, dass niemand länger als sieben Minuten redet, sonst gibt’s von Sabine mit freundlichem Wink die rote Karte. Danach wird alles fachkundig bewertet.

240.000 Menschen in 106 Ländern

Simon, der so nett aus Thailand geplaudert hat, ist froh, dass es den Verein gibt. „Das hilft mir enorm, auch in meinem Job“, meint er. Vor hunderten Menschen einen Vortrag zu halten: früher war das für ihn undenkbar. „Heute klappt das ganz gut.“

„Toastmasters“ ist ein amerikanischer Verein, gegründet 1924. Weltweit machen 240.000 Menschen in 106 Ländern mit. Die „Bochum Toastmasters“ treffen sich montags um 19 Uhr in der Oase am Buscheyplatz 3. Abwechselnd wird Deutsch oder Englisch gesprochen Kosten: 8 Euro pro Monat. www.bochum-toastmasters.de