Bochum.. Seit 16 Jahren trifft sich in der Gaststätte Röper an der Dorstener Straße der Skat-Club „Westfalenmeister“, um in geselliger Runde die Karten zu kloppen. Doch langsam steigt bei den Spielern die Sorge um den Nachwuchs: „Da wächst nichts nach.“
So wird das nix. Eine Spielkarte nach der nächsten sammelt Josef Pohla vom Tisch und fächert sie wohl geordnet in seiner linken Hand auf. Doch je mehr Karten er anschaut, desto düsterer wird sein Blick: „Das kann ich alles wegschmeißen“, sagt er zerknirscht und zeigt sein Blatt. Ein paar Achter sind darunter, zwei Neuner, ein Bube, ein König. „Nichts Dolles.“
Keine 20 Sekunden später ist Josef Pohla das alles schon wieder los. Mit Schwung hat er sein ungeliebtes Blatt zurück auf den Tisch geworfen, sehr zur Freude seines Gegenübers. Martin Pietrzak setzt ein diebisches Grinsen auf und notiert seinen Sieg rasch auf einem riesigen Punktezettel. „Wer ist dran mit mischen?“
Heimat – das ist für die Herrschaften des Skat-Clubs „Westfalenmeister“ seit vielen Jahren die Gaststätte Röper, eine Kneipe der ganz alten Schule an der Dorstener Straße direkt neben der Diskothek Prater. An jedem Dienstagabend um punkt 18 Uhr wird der Festsaal zum Ort eines fürwahr grandiosen Schauspiels. Dann wird Skat gekloppt, aber vom Feinsten! Beinahe jeder Tisch ist belegt, wenn die Herren (und wenige Damen) ihre Spielkarten aus dem Etui holen und fachmännisch mit dem Reizen beginnen. Wie das geht? Für Außenstehende ist die Zahlenfolge ein Rätsel. „18! 20! Zwo! Null! Weg!“
Wundervolle Gemeinschaft
Etwa 20 Spieler sind heute Abend gekommen. Das sei guter Durchschnitt, meint Herbert Naurath, der Vorsitzende des s und ein überaus freundlicher, älterer Herr. Seit 16 Jahren leitet er den Verein und betont gern, welch wundervolle Gemeinschaft aus den Skat-Spielern mittlerweile geworden sei. „Hier kümmert sich jeder um den anderen“, sagt er. Gemeinsam organisieren sie ihr Eieressen zu Karfreitag oder die berühmte Erbensuppe am Vatertag. „Wenn einer runden Geburtstag hat, schenken wir ihm einen Frühstückskorb.“
Doch die Sache mit den stets steigenden Geburtstagen hat für den Verein durchaus einen Haken. Der jüngste Spieler ist Mitte 50, der älteste („unser Otto!“) schon 92. „Da wächst nichts nach“, meint Martin Pietrzak, während er die Karten zum Mischen sortiert. 16 ihrer Mitspieler hätten sie im Laufe der Jahre schon zu Grabe tragen müssen. Und die jungen Leute heutzutage hätten doch lieber ihren iPod am Ohr oder würden am Computer mit der weiten Welt chatten, statt sich abends mit guten Freunden zum Skat zu treffen. „Vielleicht ist das Reizen für die Jugendlichen einfach zu kompliziert“, überlegt Josef Pohla. „Und ein bisschen Kopfrechnen sollte man natürlich auch können“, meint Herbert Naurath und lächelt.
Kleiner Dreikäsehoch
Dabei: Eigentlich alle hier an den Tischen haben schon mindestens einen Versuch unternommen, den eigenen Nachwuchs vom Zauber des Skatspiels zu überzeugen. „Ich hab Skat gelernt, da war ich ein kleiner Dreikäsehoch“, erinnert sich Herbert Naurath und sagt: „Das war noch während des Krieges, als mir mein Vater immer das Taschengeld abgeknöpft hat.“ Natürlich hat er auch seine eigenen Kinder (und später die Enkel) an den Tisch geholt und die Karten verteilt – durchaus mit Erfolg. „Sie spielen gerne Skat. Aber nicht im Verein, sondern lieber bei uns zu Hause.“
Auch mit einem schlechten Blatt kann man gut spielen
Seine drei Mitspieler sitzen emsig über ihren Karten, da hat Heinz Spillmann etwas Zeit, das Geheimnis eines guten Spielers zu verraten. „Es geht nicht darum, ein gutes Blatt zu haben“, sagt er. „Auch mit einem schlechten Blatt kann man gut spielen.“ Wichtig sei eben nur, die Trümpfe der anderen im Blick zu haben. „Man sollte wissen, welche Karten noch im Umlauf sind.“
Josef Pohla hat so viel Fachwissen an diesem Abend wenig gebracht. Seine Pechsträhne, von der er schon eingangs verfolgt wurde, hält unvermindert an. „Wenn’s nicht läuft, dann läuft’s nicht“, scherzt er. Weit abgeschlagen mit nur 230 Punkten landet er am Ende der ersten Spielrunde auf dem letzten Platz. 3,60 Euro muss er abdrücken. „Gleich läuft’s besser“, meint er frohgemut. „Wer ist dran mit mischen?“