Bochum. .

„Ich stelle mich“ wäre ein gutes Motto für die neue Veranstaltungsreihe „Theatergespräche“ gewesen, die am Donnerstagabend erstmals im Tanas über die Bühne ging. Schauspielhaus-Intendant Anselm Weber und Chefdramaturg Thomas Laue stellten sich dem zahlreich erschienenen Theaterpublikum – und durchaus auch kontroversen Fragen.

Wohl 110 Besucher hatte die Veranstaltung – der Zuspruch belegt einmal mehr das Interesse an Bochums Theater, auch über die zurzeit weiterhin guten Auslastungszahlen der Vorstellungen hinaus. Geboren wurde die Idee des Diskussionsforums auf der Schauspielhaus-Chefetage. „Wir haben in den letzten Monaten festgestellt, dass es einen verstärkten Gesprächs- und Informationsbedarf gibt“, so Anselm Weber.

Moderiert wurde das Theatergespräch von WAZ Kulturchef Jürgen Boebers-Süßmann und der Kulturredakteurin Ronny von Wangenheim (Ruhr Nachrichten). Beide machten als Einstieg eine kleine Fragerunde auf, bei der Weber und Laue sich u.a. zum Thema „Mythos Schauspielhaus“ und die Boropa-Spielzeit-Idee auslassen konnten. Weber schilderte seine Erfahrungen mit dem „Bochumer Mythos“, der ihn gleich bei Amtsantritt durchgeschüttelt habe. Mythos der Schauspieler, Mythos des Bochumer Publikums, ja sogar der Mythos des Bochumer Applaus’ … „es gibt hier nicht nur einen, sondern ganz viele Mythen“, musste der Intendant feststellen. „Sobald ich anfange, hier zu arbeiten, werde ich selbst zum Teil davon“, hat er erfahren. Es sei nicht immer einfach, damit umzugehen. Und in der praktischen Arbeit eher hinderlich.

Thomas Laue machte sich gewohnt diskursfest und redegewandt über das Boropa-Konzept her, und spulte herunter, was man schon dutzendfach gehört hatte: Verortung des Theaters in der Stadt, Öffnung für neue Besucherschichten (Stichwort „Next Generation“), Internationalität… Einspruch aus dem Publikum machte dem ausholenden Vortrag schließlich ein Ende. Das war auch gut so, denn schließlich sollten ja vor allem die Besucher zu Wort kommen.

Dessen Fragen drehten sich vor allem um zwei Dinge:dDie Finanzsituation und die künstlerische Qualität der Inszenierungen. Boebers-Süßmann wies auf die Diskrepanz zwischen Anspruch und der öffentlichen Wahrnehmung hin, am Beispiel der umstrittenen Tschechow-Einrichtung „Drei Schwestern“ von Paul Koek. Inszenatorisch gewagt und experimentell, gilt die Einrichtung als künstlerisch wertvoll – ein Publikumsrenner ist sie, weil als „schwierig“ empfunden, nicht. Leichtere Bühnenkost – wie „Haus am See“ - hat bessere Quoten; die Frage der Perspektiven, die das Schauspielhaus mit seinem Spielplan zwischen Anspruch und Unterhaltung eröffne, blieb letztlich ungeklärt.

Deutlich wurde, dass jede Inszenierung von jedem Zuschauer selbst auf ihre Relevanz abgeklopft werden muss. eine „Botschaft“ gäbe es, so gesehen, nicht. Den Druck einer Einladung zum Berliner Theatertreffen – quasi als Gütesiegel für sein Haus - wies Weber von sich. „Das ist nicht entscheidend. Wichtiger ist, dass ich in fünf Jahren ein konsolidiertes Haus vorweisen kann und eine gute Auslastung. Alles andere sei „Zugabe“.

Der Einwurf wies auf den zweiten Themenkomplex hin: die Finanzen. Weber rechnete explizit vor, wie das strukturelle Minus von 750.000 Euro im Jahr zustande gekommen ist, und wie ernst die Sparanstrengungen sind, die jetzt anlaufen. „Wir werden unseren Etat von rund 21 Millionen im Jahr um zehn Prozent abspecken müssen, sonst haben wir kaum Überlebenschancen“, so der Intendant im Klartext. Zurzeit sei eine Consultingfirma im Haus, die alle Bereiche durchleuchte und auf Sparpotenzial abklopfe – Ende offen.