Bochum. Etwas überraschend kam, so früh im Jahr, die Ankündigung der Eröffnungspremieren der Ruhrtriennale-Spielzeit 2012/13. Heiner Goebbels, neuer künstlerischer Leiter, inszeniert „Europeras 1&2“ von John Cage in der Jahrhunderthalle.
Gleichzeitig wird die Life-Art-Ausstellung „12 Rooms“ am neuen Triennale-Spielort Museum Folkwang in Essen annonciert. Premiere in Bochum ist am 17. August.
Die Wahl ausgerechnet dieses Auftaktstückes kann kaum überraschen, wenn man Heiner Goebbels und seine künstlerischen Interessen kennt. Seit Anfang der 80er Jahre steht sein Name für experimentelles Musiktheater; anfangs gab es Ausflüge in den Avant-Rock-Bereich (Goebbels/Harth-Duo ab 1975), später Kompositionen für Theater und Film und seit Mitte der 1980er Jahre „Hörstücke“, oft nach Texten von Heiner Müller. Später folgten Kompositionen für Ensemble und „szenische Konzerte“ („Die Befreiung des Prometheus“) sowie Orchesterkompositionen und Musiktheater-Stücke, etwa mit dem Ensemble Modern, die er selbst inszenierte und die weltweit zu Festivals eingeladen werden.
Typisch für die Goebbels’sche Handschrift ist das schwebende, gleichwertige Verhältnis von Text, Bild, Musik, Licht, Bewegung und Szene. Dem Experiment wird der Vorzug gegenüber einer wie auch immer gearteten „Botschaft“ gegeben – eben diese Herangehensweise verbindet ihn mit John Cage, dessen Impetus ja bekanntlich die Untersuchung des Experiments war. Tatsächlich gilt John Milton Cage Jr. (1912-1992) als Anreger für die Ende der 1950er Jahre entstehende Happeningkunst und die Neue Improvisationsmusik.
In der Jahrhunderthalle wird Goebbels mit Klaus Grünberg (Bühne/Licht) und Florence von Gerkan (Kostüme) „Europeras 1&2“ ein Schlüsselwerk der Neuen Musik einrichten. Darin dekonstruiert der US-Komponist mittels Zufallsoperationen die Sprache der klassischen Opern des 18. und 19. Jahrhunderts. Er unterwirft nicht nur die Musik dem Zufallsgenerator, sondern auch Bühnenbild, Requisiten, Licht, Tanzfiguren und Opernarien. 64 Quadrate bilden das Schema für den Bühnenablauf und betonen das Laborhafte dieser radikalen Theaterarbeit, die seit ihrer Uraufführung Anfang der 80er Jahre nahezu aus dem Repertoire verschwunden ist. 2012 werden weltweit zum 100. Geburtstag von John Cage dessen Solo- und Ensemblestücke aufgeführt, nirgends allerdings „Europeras 1&2“ – außer in Bochum.
„In ihren ästhetischen Möglichkeiten und in ihrem neuartigen Verhältnis zum Zuschauer gehört sie sicher zu den aufregendsten Opernkonzeptionen des 20. Jahrhunderts – ein beispielloses Tableau aus Bildern und Tönen“, beschreibt Heiner Goebbels das so sperrige wie herausfordernde wie faszinierende Werk.