Bochum. Die Galerie [the spam] von Kathrin und Sebastian Schlecht kommuniziert gerne durch ihre Fensterfront. Derzeit ist dort eine Ausstellung von Pauline und Anja Mauruschat zu sehen. Tochter und Mutter laden ein: Meet the Beasts!
Von Charles Baudelaire, einem ersten modernen Stadtbürger, wird überliefert, er habe Brüssel gehasst, weil ihm dort die Schaufenster nicht zusagten. Bis zu Peter Weibels Forderung von 1979, das Schaufenster als „vollwertiges Kunstmedium zu installieren“, vergingen einige Jahrzehnte. Wie das Schaufenster der Galerie „[the spam]“ an der Alten Hattinger Straße 22 auf diese beiden Schaufensterfreunde wirken würde, bleibt Spekulation. Tatsache ist aber, dass die vor gut einem Jahr eröffnete Galerie von Kathrin und Sebastian Schlecht im Ehrenfeld viel über ihre Fensterfront kommuniziert.
Interaktive Projekte
So wie die Bühnenbildnerin und ihr Bruder, der Architekt, den ehemaligen Lampenladen betreiben, passt aber schon der Begriff Galerie nicht im klassischen Sinne. „Wir hängen hier nicht nur Bilder an die Wand“, erklärt Kathrin Schlecht das Konzept, „Wer hier arbeitet, muss den Raum benutzen“. Entsprechend wurden hier über das erste Jahr Performances gezeigt, etwa vom Jugendclub des Museums, den „Art Monkeys“, und auch Installationen. „Wir mögen es,, wenn die Projekte interaktiv wirken“, so die Teilzeit-Galeristin.
Kreative, die den hellen Raum bespielen, kommen zumeist über das Netzwerk, das auch über die andere Nutzung des Raumes entsteht. Neben der künstlerischen Bespielung dient der Ort als Büro. Nicht nur für die Schlechts, sondern derzeit auch für den Kulturverein Oskar e.V. und für Partymacher Kevin Kuhn (Feel Vergnügen etc.). Die unmittelbare Nachbarschaft mit der Kultur-Bar „Goldkante“ passt auch gut zum Konzept. Entsprechend verfügt [the spam] auch über keine geregelten Öffnungszeiten. Erwünscht ist aber jederzeit das Hineinschauen, ist jemand vor Ort, steht die Tür neugierigen Gästen offen.
Mehrere Dutzend Biester
Derzeit und sicherlich noch bis Ende Januar ist wieder viel zu sehen. Anja und Pauline Mauruschat zeigen „meet the Beasts“. Wild und bunt gezeichnete Freaks aller Art bewohnen Wände, Decken, Fenster. Tanzende Biester, Aliens und Traumwesen treiben überall ihr Unwesen. Anja Mauruschat, die in der Kulissenabteilung des Schauspielhauses arbeitet und ihre Bilder schon verschiedentlich in Bochum gezeigt hat, hatte sie zunächst für den runden Lichthof der Rotunde entworfen. Tanzende und feiernde Wesen für ganze 22 Meter Wand hoch droben über der geplanten Tanzfläche. Funktionale Konzeptkunst. Ihre 18-jährige Tochter Pauline, die zurzeit ein Jahrespraktikum ebenfalls in den Werkstätten des Theaters absolviert, ist dann in die Produktion eingestiegen. Das Duo erschuf mehrere Dutzend „Biester“, auf die Kathrin Schlecht dort drüben in der Rotunde aufmerksam wurde. Sie bot daraufhin ihre Galerie als Exil an.
Lässiges Gespann
Fragt man das lässige Mutter-Tochter-Gespann, wo denn diese seltsamen Wesen herkommen, dann antworten beide lachend: „Aus dem Nichts, die kommen einfach so“. Die meisten sind mit Farben aller Art auf Packpapier gemalt, schnell und aus einer kreativen Eingebung heraus. Im Geiste von Straßenkunst, so benennt Anja Mauruschat die ästhetische Herangehensweise. Auch sei der Verlust einer dieser Arbeiten „kein Weltuntergang“ (Pauline). Eine anti-konservatorische Herangehensweise, die eine Freundin der Mauruschats, die im Museum arbeitet, schon erschreckt habe.
Bei der Vernissage kurz vor Weihnachten haben die beiden schon einige „Biester“ verkauft (ab 60 €). Interessenten sei ein Blick ins Schaufenster empfohlen.