Bochum. .

Der nach allen Seiten offene Baustellenaufzug rumpelt an der Außenfront des Gebäudes hinauf; die gut 20 Arbeiter, die das Wachstum des Exzenterhauses weiter antreiben, sind schon jetzt tagtäglich, ein Jahr vor Fertigstellung des Büroturms, auf Rekordhöhe für Bochumer Hochhaus-Verhältnisse. Mit insgesamt 89 Metern wird die Stadt eine augenfällige und architektonisch ungewöhnliche neue Landmarke bekommen. Der Berliner Architekt Gerhard Spangenberg hat die Form der Mechanik entlehnt: eine auf einer Welle angebrachte Steuerungsscheibe, deren Mittelpunkt außerhalb der Wellenachse liegt, was dem Haus den Namen Exzenter gab.

Das elfte von 15 Geschossen auf dem denkmalgeschützten Rundbunker an der Universitätsstraße/Ecke Oskar-Hoffmann-Straße ist im Rohbau fertig. Dort auf 70 Metern Höhe öffnet sich ein grandioses Panorama über das Ruhrgebiet, und der Wind bläst heftig. Wer nicht schwindelfrei ist, drückt sich mit dem Rücken an den Kern des Exzenters, der zwei Treppenhäuser und zwei Aufzugsschächte birgt. Noch fehlen Wände, die aber auch später nichts verdecken; alles wird gläsern, selbst die Balkonbrüstungen.

Allein der Kran, der sich bei heftigem Sturm abschaltet, überragt mit seinen 112 Metern das Gebäude. Das haben sich waghalsige Kletterer bereits zunutze gemacht: „Wir haben eines morgens im frischen Beton Fußabdrücke und eine Flasche Bier gefunden. Unbekannte mussten dazu die zwei Meter Distanz vom Kran zur obersten Etage übersprungen haben“, erzählt Dr. Thomas Durchlaub von der Exzenterhaus GmbH. Hinter dieser Gesellschaft steckt eine Handvoll Investoren aus dem ganzen Bundesgebiet.

Lange zeit kein Baufortschritt sichtbar

Zu Beginn war von außen lange Zeit kein Baufortschritt sichtbar. Der 26 Meter hohe Rundbunker mit seinen zwei Meter dicken Wänden und sechs Etagen musste vollständig entkernt werden. Das Dach wurde abgerissen, das Fundament abgebrochen. Dann kamen Bohrpfähle, eine neue Sockelplatte musste mit dem Bunker verzahnt werden. Der alte Bunker ist nicht nur tragender Sockel für das Gebäude, sondern beinhaltet auch Aufzugskern, Haustechnik und über drei Etagen „Kellerräume“ für Mieter. Folge: Bereits in der ersten Etage befindet man sich in 30 Metern Höhe.

Nach dem Unterbau begann der Höhenwuchs. Und während Männer im Hochbau beschäftigt sind, werkeln 15 weitere Arbeiter auf den ersten fünf Geschossen bereits im Innenausbau. Wo schon Fenster eingebaut sind, sorgen Heizlüfter für wohligeres Arbeitsklima. Technik wird installiert. Da ertönt Radiomusik, es wird gebohrt und geschraubt. Tauben flattern aufgeschreckt durch die Etagen.

"Wir haben ja fast noch ein Jahr Zeit"

Ein Hochhaus dieser Ausmaße erfordert besondere Auflagen, sowohl an den Feuerschutz, an Schallreflexionen und auch an die Lichteinstrahlung je nach Himmelsrichtung. Jeweils an den Auskragungen führen auf jeder Etage Balkone entlang.

In den unteren Etagen beginnt bereits der Innenausbau. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
In den unteren Etagen beginnt bereits der Innenausbau. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool

Jede Etage bietet 350 Quadratmeter. Der Raum folgt dem Gebäudezuschnitt und ist rund. Wer den Rechten Winkel braucht, kann Wände einziehen lassen. Im Zentrum werden „Bremsbacken“ eingebaut analog zur Geometrie, wo Computerkabel verlegt und auch die Toiletten untergebracht werden.

Der Panoramablick ist begehrt; vermietet sind bereits die obersten drei Etagen (72 bis 80 Meter), zwei weitere stehen in Verhandlung. „Wir haben ja fast noch ein Jahr Zeit. Die meisten planen nicht so langfristig“, sagt Durchlaub. Freiberufler wie Ingenieure, Steuerberater und Makler zeigen vitales Interesse an der Büroadresse.

Das Exzenterhaus nutzt Erdwärme für die spätere Klimatisierung der Räume. „Wir hatten das Konzept, CO2-arm zu bauen. Ohne zu wissen, dass es in Bochum ein Geothermiezentrum gibt, das uns dann unterstützt hat.“ Unter Parkdeck und Tiefgarage wurden 90 Erdsonden 120 Meter tief eingebracht.

Das Exzenterhaus in Bochum

Zwischendurch diente er Rockbands als Proberaum, doch die letzten Jahrzehnte stand er leer: der Rundbunker an der Universitätsstraße in Bochum. Jetzt soll er für 17 Millionen Euro umgebaut werden.
Zwischendurch diente er Rockbands als Proberaum, doch die letzten Jahrzehnte stand er leer: der Rundbunker an der Universitätsstraße in Bochum. Jetzt soll er für 17 Millionen Euro umgebaut werden. © WAZ
So soll es später aussehen: unten Bunker, oben Hochhaus. Der Berliner Architekt Gerhard Spangenberg will den Bau damit von den üblichen Hochhäusern abheben.
So soll es später aussehen: unten Bunker, oben Hochhaus. Der Berliner Architekt Gerhard Spangenberg will den Bau damit von den üblichen Hochhäusern abheben. © WAZ
Hier wird der Zugang zum Exzenterhaus entstehen. Bisher ist die Öffnung zwei mal zwei Meter groß...
Hier wird der Zugang zum Exzenterhaus entstehen. Bisher ist die Öffnung zwei mal zwei Meter groß... © WAZ
... doch der aus der Mauer herausgeschnittene Würfel wiegt schon 16 Tonnen.
... doch der aus der Mauer herausgeschnittene Würfel wiegt schon 16 Tonnen. © WAZ
Auf das Fundament sollen 15 elliptische Etagen gebaut werden, die in drei Einheiten unterteilt und gegeneinander verdreht angeordnet sind.
Auf das Fundament sollen 15 elliptische Etagen gebaut werden, die in drei Einheiten unterteilt und gegeneinander verdreht angeordnet sind. © Hans Blossey
Schon vor einiger Zeit wurde ein Bagger mit einem Kran auf den Bunker gehievt, um das Gebäude zu bearbeiten.
Schon vor einiger Zeit wurde ein Bagger mit einem Kran auf den Bunker gehievt, um das Gebäude zu bearbeiten. © WAZ
Der Bunker aus der Luft - bisher wurde er immerhin schon entkernt. Obwohl der Hochbau frühestens in einem Jahr starten kann, sind die beiden oberen Geschosse des Exzenterhauses schon vermietet.
Der Bunker aus der Luft - bisher wurde er immerhin schon entkernt. Obwohl der Hochbau frühestens in einem Jahr starten kann, sind die beiden oberen Geschosse des Exzenterhauses schon vermietet. © Hans Blossey
Erstmal wird unter dem Bunker gearbeitet: Zwölf Pfähle sollen das spätere Hochhaus mit stützen. Der Bunker wird 40 Prozent des Gewichtes tragen.
Erstmal wird unter dem Bunker gearbeitet: Zwölf Pfähle sollen das spätere Hochhaus mit stützen. Der Bunker wird 40 Prozent des Gewichtes tragen. © Hans Blossey
Anwohner stoßen sich an dem geplanten
Anwohner stoßen sich an dem geplanten "Monstrum" und gründeten eine Bürgerinitiative. © WAZ
Sie befürchten, dass der Turm Licht wegnimmt und dass die etwa 300 Menschen, die dort arbeiten sollen, mit ihren Autos die umliegenden Wohnstraßen zuparken.
Sie befürchten, dass der Turm Licht wegnimmt und dass die etwa 300 Menschen, die dort arbeiten sollen, mit ihren Autos die umliegenden Wohnstraßen zuparken. © WAZ
Eine Klage läuft.
Eine Klage läuft. "Wenn's sein muss, gehen wir bis nach Leipzig vors Bundesverwaltungsgericht", betont Friedrich Bischoff, Sprecher der Initiative. (Fotos: Hans Blossey, Karl Gatzmanga, Michael Korte) © WAZ
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Thomas Durchlaub erklärt: „Aus den Bohrlöchern pumpen wir Wasser mit einer Temperatur von konstant 16 Grad Celsius über Schläuche hinauf. Im Sommer wird damit gekühlt, im Winter über Wärmepumpen auf 23 Grad geheizt.“

Unwägbarkeiten, so sagt der Jurist, gibt es beim Bau eines solchen Hochhauses immer mal wieder, wie etwa der vergangene harte Winter. Die Klage der Anwohner („Bürgerinitiative Hochbunker“), die sich von dem Bau beeinträchtigt fühlen, zählt er nicht mehr dazu. „Wir haben alle Eilverfahren gewonnen, ein Baustopp wurde von Gericht abgelehnt.“ Im nächsten Jahr steht vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen noch das Hauptverfahren an: „Ich bin zuversichtlich“, sagt Durchlaub.