Noch steht kein einziger Stein des für 33 Millionen Euro geplanten Musikzentrums an der Viktoriastraße und doch landete das ehrgeizige Projekt jetzt im Schwarzbuch 2011 des Bundes der Steuerzahler. Als abschreckendes Beispiel für drohende Verschwendung von Steuergeldern. Zu Recht? Und: Wie kam der Verriss eigentlich zustande?

„Wir haben die Presse quer durch NRW gelesen, da habe ich gedacht, das ist ein Thema“, erzählt die zuständige Redakteurin Beate Berrischen, die in Düsseldorf für den Landesverband des Steuerzahlerbundes arbeitet. Nach Sichtung einschlägiger Artikel habe sie einen Fragenkatalog an die Stadt Bochum geschickt, doch deren Antwort sei leider erst nach Redaktionsschluss eingetroffen.

Wie das? Am 26. Juli ist die Anfrage rausgegangen“, präzisiert Berrischen das Dilemma. „Ende August war Redaktionsschluss, im September kam die Antwort aus Bochum.“ Aber das hätte an ihrer Wertung nichts geändert, weil die Zahlen im nachhinein bestätigt worden seien.

Wenn auch nicht ihre Wertung: „Kein Geld für Finanzierung des Konzerthauses“ hieß ihr Beitrag für das Schwarzbuch. Angesichts des Nothaushalts, der Schulden von über 1,4 Milliarden Euro und der 2,4 Millionen Euro Baukosten, die die Stadt dazubuttern müsste, sollte das Musikzentrum „verhindert“ werden, ist ihr Fazit. Auch, weil der Stiftung Bochumer Symphonie noch 4,3 Mio Euro an der geplanten Spendensumme von 14,3 Mio Euro fehlen.

Berrischen: Die Betriebskosten könnten siebenstellig jährlich werden, die Baukosten den Finanzrahmen überschreiten. Auch sei der Bau wegen der Konzerthäuser in Dortmund und Essen unnötig.

„93 bis 94 Prozent der Kosten sind geschenkt, sowas habe ich noch nie erlebt“, hält Kulturdezernent Michael Townsend die günstige Förderung von Land und EU dagegen. „Jede Stadt ist mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie darauf verzichtet.“ In Bochum habe man nicht nur das „große bürgerschaftliche Engagement“, sondern auch den „breiten Konsens im Rat, dieses Projekt mitzumachen“.

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Im übrigen sei es kein Konzerthaus mehr, nur für die Bochumer Symphoniker geplant, sondern ein Musikzentrum mit „ganz breitem Angebot“ auch für die Musikschule („eine der größten in Deutschland“) und vielen anderen, „vom Philharmonischen Chor bis zu Hobbygesangvereinen“. Bei der Kostenstruktur sei ein Finanzpuffer einkalkuliert. Was die Spenden anlange, habe ihm Steven Sloane gerade mitgeteilt, „dass weitere Mittel avisiert sind“. Und: Die kalkulierten 650 000 Euro Betriebskosten würden sogar sinken, weil 350 000 Euro bisheriger Kosten entfallen. Das Projekt läuft, ist Townsend überzeugt: „Wir werden in Kürze das Wettbewerbsbüro vergeben, das den Architektenwettbewerb steuern soll.“

Was die Wirkung des Schwarzbuches des Bundes der Steuerzahler angeht, findet der Bochumer Steuerberater Ulrich Woiske: „Grundsätzlich halte ich eine solche Veröffentlichung für sinnvoll.“ Sie könne Anstoß geben aufzuzeigen, dass öffentliche Gelder eben sinnvoll angelegt werden sollten. Ihm pflichtet eine Bochumer Finanzbeamtin, die nicht genannt werden möchte, bei: „Es ist doch gut, dass da jemand von außen draufschaut. Immer dann, wenn es um die Verschwendung von Steuermitteln geht.“