Bochum/Herne. Für die Säuglingsstationen verschiedener Krankenhäuser hat die 79-jährige Ilse Werdelmann aus Herne wohl schon über 100 ihrer selbst entworfenen Schlafsäcke genäht. Die sollen helfen, das Risiko des Plötzlichen Kindstods zu vermeiden.

Vor sechs Jahren fing Ilse Werdelmann (79) an, zu Hause Schlafsäcke gegen den Plötzlichen Säuglingstod zu nähen. Den ersten Auftrag bekam die Rentnerin durch Zufall. Mitarbeiter eines Bochumer Krankenhauses suchten 2003 vergebens nach kleinen Schlafsäcken für Neugeborene. Diese sollten dabei helfen, das Risiko des Plötzlichen Säuglingstodes zu minimieren. Doch weil es keine passenden Schlafsäcke zu kaufen gab, sprang die Mutter einer Kinderkrankenschwester spontan ein.

Den Schnitt hat sie selbst entworfen

„Die Schlafsäcke, die es damals zu kaufen gab, waren zu teuer. Außerdem waren sie ärmellos”, erklärt Kinderkrankenschwester Beate Müller. „Ärmel sind jedoch wichtig, da gerade Neugeborene schnell unterkühlen.” Um das Problem zu lösen, bat die 42-Jährige ihre Mutter um Hilfe. Diese „entwarf einen Schnitt und fertigte den ersten kleinen Schlafsack an”, erinnert sich Werdelmann heute.

Doch bei der Entwicklung des Schlafsacks waren nicht nur die Nähkünste der 79-Jährigen, sondern auch das Fachwissen ihrer Tochter gefragt. Schließlich sollte die gebürtige Bochumerin nicht irgendwelche Schlafsäcke nähen. Sondern solche, die Eltern dabei helfen, ihr Neugeborenes vor einem möglichen Plötzlichen Kindstod zu schützen.

Schon über 100 farbenfrohe Schlafsäcke

„Meine Tochter erklärte mir, dass der Halsausschnitt nicht zu weit sein darf. Sonst könnte das Baby hineinrutschen”, sagt Werdelmann. Um Babys vor dem Plötzlichen Säuglingstod zu schützen, sollten diese auf dem Rücken liegend in einem fest sitzenden Schlafsack schlafen. Sobald der erste Schlafsack fertig war, folgte die Anprobe an einem Neugeborenen. „Ich legte ein Baby in dem Schlafsack zu Bett und maß nach dem Schlaf die Körpertemperatur”, erläutert Kinderkrankenschwester Müller. Weil der Babyschlafsack noch zu kühl war, tüffelte ihre Mutter weiter und optimierte den Prototyp. Eine Lösung für die kalten Babyfüße hatte Werdelmann schnell gefunden: „Ich habe ein extra Fußsäckchen angefertigt, das zusätzlich für angenehme Wärme sorgt.” Der erste maßgefertigte Werdelmannsche Babyschlafsack war geboren.

Inzwischen hat die 79-Jährige über 100 farbenfrohe Schlafsäcke für verschiedene Säuglingsstationen in der Umgebung genäht. Sie würde „jedes Exemplar jederzeit wiedererkennen.” Für einen Schlafsack mit Frottee, Baumwolle und Innensäckchen benötigt Werdelmann vier Stunden. Die Arbeit bereitet ihr nach sechs Jahren immer noch Spaß. Für Geld mache sie dies nicht, betont die Rentnerin: „Reich wird man damit nicht.”