Bochum.
Das strukturelle Minus von 750.000 Euro pro Jahr macht dem Schauspielhaus weiterhin erheblich zu schaffen. Das mit ständig steigenden Energie- und Personalkosten konfrontierte Haus hat fast alle Rücklagen aufgebraucht, so dass sich nun „ein Graben, kein Loch mehr“, wie Intendant Anselm Weber sagte, im Theateretat auftun.
Nun hat sich auch das Rechnungsprüfungsamt der Stadt des Themas angenommen, einmal mehr, wie es scheint. Das Amt erhob, offenbar zum wiederholten Mal, Vorwürfe gegen die Kulturverwaltung - man habe mit der Tolerierung des ständig steigenden Theaterdefizits die wirtschaftlichen Belangen der Stadt vernachlässigt.
Wie jetzt bekannt wurde, hat das städtische Rechnungsprüfungsamt bereits vor über zwei Jahren von der Kulturveraltung gefordert, die Bewertungen der Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse des Schauspielhauses auch mit Blick auf den städtischen Haushalt vorzunehmen - um so Risiken in der Finanzierung des Theaterbetriebs zu erkennen. Genau die haben sich inzwischen zu einem veritablen Problem ausgewachsen. In erster Linie wegen ständig gestiegener Energie- und Personalkosten ächzt das Schauspielhaus unter einem strukturellen Defizit von einer Dreiviertelmillion Euro im Jahr.
Damit ist der Spielbetrieb zwar (noch) nicht gefährdet, aber zumindest bedroht. Wie Intendant Weber mehrfach betont hat, fallen pro Jahr allein Betriebskosten von 1,4 Millionen Euro an, „ohne dass jemand überhaupt das Gebäude betreten hätte“. Bliebe alles wie es ist, müsste theoretisch 2017 der Jahreszuschuss von rund 20 Mio komplett für den technischen/personellen Erhalt des Hauses aufgewendet werden. Da Rechnungsprüfungsamt fordert dazu eine stärkere Einbindung der politischen Gremien. Sie müssten nicht nur über die Zuschüsse, sondern auch über die Ausrichtung und Ziele des Theaters entscheiden.
In der Kritik steht damit Kulturdezernent Michael Townsend (SPD) als Vorsitzender des Schauspielhausverwaltungsrats. Das Gremium habe das „Anknabbern“ der Rücklagen selbst angeregt, und das, wie Townsend auf WAZ-Anfrage sagte, mit Recht: „Ehe sich die Stadt neu verschuldet, was wegen der prekären Haushaltssituation nicht geht, schien es geboten, zunächst die eigenen Rücklagen aufzubrauchen.“ Im Übrigen sei die Politik stets über alle Entwicklungen informiert gewesen, schließlich säßen mit ihm im Theaterverwaltungsrat Vertreter aller Ratsparteien.
Es führe nun allerdings kein Weg daran vorbei, zu sparen. So wird das Schauspielhaus den Melanchthonsaal als Spielstätte aufgeben, auch wurde der Werbeetat gekürzt. Bis zum Jahresende soll ein externer Gutachter die Finanzlage prüfen und Sparvorschläge machen. Offenbar ist auch eine Auflösung der erst 2006 geänderten Schauspielhaus-Rechtsform vom städtischen Eigenbetrieb zur Anstalt öffentlichen Rechts kein Tabu mehr. Als Soforthilfe hat die Stadt dazu Theaterverbindlichkeiten aus den Vorjahren von rund 900.000 Euro übernommen. Dies sei, so Townsend, kein „frisches Geld“, sondern lediglich ein Bilanzposten, der zwischen Tochter (Theater) und Mutter (Stadt) umgebucht worden sei.