Bochum. .
In den Gewahrsamszellen des Bochumer Polizeipräsidiums landen rund 1800 Menschen pro Jahr. Sie sind zur Strafverfolgung dort, aber auch zur bloßen Gefahrenabwehr.
Gegen diese Polizeizellen sieht ein Haftraum in der Krümmede noch irgendwie gemütlich aus. Dort haben die Insassen wenigstens einige persönliche Sachen, Radio und TV, einen Tisch und ein Regal. In den 17 Zellen des ZPG aber, dem Zentralen Polizeigewahrsam an der Uhlandstraße, herrscht die totale Trostlosigkeit. Eine Plastikliege, ein bodenebenes Klo, eine Klingel, Boden und Wände aus öden Kacheln, ein Milchglas-Fenster, elektrisches Dauerlicht - und sonst nichts.
1800 Menschen pro Jahr werden in diesen Bochumer Zellen kurzzeitig eingebuchtet, rund fünf pro Tag. Ihr einziger Trost: Spätestens am Ende des folgenden Tages muss die Polizei sie wieder entlassen. Die meisten dürfen wieder nach Hause, die anderen wandern ab ins Gefängnis.
Gefahrenabwehr und Strafverfolgung - das ist Sinn und Zweck des ZPG
Im ZPG sitzen sie aber erst einmal zusammen - alle möglichen Arten von Schurken, Lumpen und Verbrechern, vor allem aber Leute, die es ignorieren, dass die zu viel Alkohol nicht vertragen. Sie haben entweder herumgepöbelt und randaliert oder sind so voll, dass die Polizei sie vor sich selbst schützen und zur Ausnüchterung einsperren muss, weil sie sonst auf der Straße zum Beispiel überfahren werden könnten. Gefahrenabwehr und Strafverfolgung - das ist Sinn und Zweck des ZPG.
Vor allen belegten Zellen stehen Schuhe wie am Abend vor dem Nikolaustag. Sie gehören den Insassen. Mit Schnürsenkeln könnte man sich schließlich aufhängen. Die Ankömmlinge müssen alles abgeben, was sie verletzen könnte: Gürtel, Kamm, Stifte, Brille, Krawatte - zum Beispiel. Abgeben müssen sie auch Handy und Geldbörse. Radio und TV sind sowieso tabu. Die Zellen werden zwar beheizt, trotzdem herrscht dort atmosphärischer Dauerfrost. Für bisher völlig unbescholtene Menschen, die dort hinein müssen, „bricht eine Welt zusammen“, wie Klaus Lachner, der Leiter des ZPG, sagt. Besonders gilt dies wohl für Jugendliche und luxusgewohnte Wirtschaftsstraftäter. Hungern muss allerdings keiner. Es gibt Vollverpflegung: Wasser, Tee, Kaffee, Brot, Suppe, Käse, Marmelade.
„Der hat Kräfte gehabt wie fünf Mann“
Viele Insassen randalieren in der Zelle. „Manche sind in der Lage, zwei bis drei Stunden gegen die Tür zu hämmern und zu schreien“, sagt ein anderer Polizist im ZPG. Ein Großteil würde nicht einsehen, warum er eingesperrt werde. „Die beruhigen sich in der Regel alle wieder“, sagt der Beamte. Einer habe dies aber nicht getan: Er schildert den Fall eines rabiaten Sittenstrolchs, der vor rund einem Jahr nur mit größter Mühe von vier Polizeikräften in die Zelle gebracht und dort extra an der Liege fixiert werden musste. „Der hat Kräfte gehabt wie fünf Mann.“ Weil er keine Ruhe gab, setzte ihm ein Notarzt eine Art Betäubungsspritze. Nur so konnte er in eine Psychiatrie verfrachtet werden.
Andererseits werden einige , wenn sie sich abreagiert haben, wieder lammfromm. Bei ihrer Entlassung höre er auch mal einen Satz wie: „,Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Dienst und schönen Feierabend.’ Das sind nicht selten die, die vorher am meisten Theater gemacht haben.“